Das Wichtigste in Kürze
Die Ursache für eine Torsion im Bereich der Gekrösewurzel
oder der Kolonscheibe ist unklar. Nach dem Eröffnen der Bauchhöhle wird
durch Griff an die Gekrösewurzel die Drehrichtung festgestellt. Zur
Beseitigung der Torsion ist es empfehlenswert am abgelegten Tier das gesamte
Darmkonvolut aus der Bauchhöhle herauszulagern und komplett entgegen der
vorliegenden Torsionsrichtung zurückzudrehen.
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Als Darmscheibendrehung wird eine Torsion des gesamten Gekröses mit anhängendem Dünndarm und dem Colon um die Gekrösewurzel bezeichnet. Als Ursachen werden eine ungleiche Verteilung von Gas und Flüssigkeit im Darmlumen, die asymmetrischen Aufhängung des Gekröses an der Wurzel oder eine ausgelagerte Colonscheibe, verbunden mit zufälligen und heftigen Bewegungen seitens des Tieres diskutiert.
Durch die Torsion werden große Blutgefäße, die innerhalb der Gekrösewurzel verlaufen, komprimiert, weshalb es durch Ischämie rasch zum Absterben distal der Torsion gelegener Darmabschnitte kommt. Deshalb ist höchste Eile für einen chirurgischen Eingriff geboten.
Die Darmscheibendrehung verläuft perakut: heftige Kolik, rasche Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Auftreibung des Abdomens (vor allem rechts, oft unregelmäßig, wellenartig), Verminderung oder Sistieren des Kotabsatzes und sich rasch entwickelnde Exsikkose, später Festliegen. Fast immer sind bei der Schwingauskultation des rechten Abdomens Plätschergeräusche hörbar. Bei jungen Rindern ist eine Abgrenzung zu einer Blinddarmdilatation mit Torsion oder Labmagenverlagerung nach rechts mit Torsion allein vom klinischen Bild her schwierig. Bei diesen sind die Kolikerscheinungen jedoch meist weniger ausgeprägt und das Krankheitsgeschehen weniger perakut. Bei adulten Tieren können bei transrektaler Palpation häufig stark unter Spannung stehende Gekrösestränge und prall gefüllte Dünn- und Dickdärme ("Wellblechkontur") angesprochen werden (im Gegensatz zum Plapationsbefund bei Blinddarmdilatation und Labmagenverlagerung nach rechts). Eine sichere Diagnose lässt sich erst nach Eröffnung der Bauchhöhle stellen (Ertasten von Torsionsfalten an der Gekrösewurzel).
Bei diesem Eingriff handelt es sich um eine Laparotomie von der rechten Flanke aus (Details s. dort). Der Eingriff erfordert besonders viel operative Erfahrung (vor allem bei adulten Tieren)! In der Regel dürfte ein Ablegen des Tieres und die vollständige Entwicklung des gesamten Darmkonvoluts notwendig werden. Bei adulten Tieren kann die Operation am stehenden Tier begonnen werden. Nach Eröffnung der Bauchhöhle kann dann entschieden werden, ob es sinnvoll ist, die Reposition am stehenden Tier fortzusetzen (was in den meisten Fällen wenig erfolgversprechend ist), das Tier abzulegen und in Seitenlage zu verbringen oder den Eingriff auf Grund des schlechten Zustandes der Därme (Gangrän, Fibrinbeläge) abzubrechen. Für den Eingriff an adulten Tieren in Seitenlage werden mehrere Personen benötigt, die beim Halten der Därme (in sterilen Folien/Tüchern)in der Nähe der Laparotomiewunde helfen, denn durch das enorme Gewicht der mit Flüssigkeit gefüllten Därme kommt es leicht zur Bildung von Rissen im Gekröse und starken Blutungen.
Bei der Vorbereitung des Operationsfeldes sollte von vornherein ein sehr großer Schnitt (von weit dorsal bis weit ventral) eingeplant werden.
Eine Schockprophylaxe ist unbedingt umgehend durchzuführen: Infusion, NSAID, Kortikosteroide.
Da es im Verlauf des Eingriffs zu starkem Zug auf das Gekröse kommt, sollte - wo möglich - eine Vollnarkose (TIVA oder Inhalationsanästhesie) genutzt und das Tier abgelegt werden. Am stehenden adulten Tier wird eine Lokalanästhesie in der rechten Flanke durchgeführt.
Nach Eröffnung der Bauchhöhle am liegenden Tier wird zunächst durch Griff an die Gekrösewurzel versucht, das Vorliegen einer Torsion und die Torsionsrichtung festzustellen. Häufig gelingt dies sicherer, nachdem das gesamte Darmkonvolut aus der Bauchhöhle herausgelagert wurde. Dabei ist übermäßiger Zug an Gekröseteilen zu vermeiden, weil dieses rasch einreißt. Erst dann gelingt es durch Drehung des gesamten Darmkonvoluts entgegengesetzt der Torsionsrichtung, die anatomisch richtige Lage wieder herzustellen. Die Bestätigung oder der Ausschluss einer Darmscheibendrehung ist besonders dann schwierig, wenn das Darmkonvolut sehr voll und der Zugang zur Gekrösewurzel hierdurch stark erschwert wird. Ist die Torsion beseitigt, sollten die zuvor dunkel schimmernden Därme rasch wieder eine vitale Färbung zurückerlangen. Nach dem Spülen der Därme mit körperwarmer, steriler physiologischer Kochsalzlösung ist eine dann wieder einsetzende Motorik der Därme ein Zeichen dafür, dass die Torsion beseitigt wurde und als prognostisch günstig zu werten. Wird keine Motorik sichtbar ist die Torsion entweder noch nicht beseitigt oder die Darmwand zu stark geschädigt.
Am stehenden adulten Tier ist es auf Grund der beengten Verhältnisse im Bauchraum und des Gewichts der Därme häufig kaum möglich, eine Reposition durchzuführen, ohne das Tier abzulegen und das Darmkonvolut aus der Bauchhöhle herauszulagern.
Nach dem Eröffnen der Bauchwand quillt der etwas dunkel schimmernde Blinddarm aus der Wunde hervor.
Durch Griff an die Gekrösewurzel wird versucht die Torsion und die Drehrichtung festzustellen.
Auch die vorgelagerten Dünndärme schimmern dunkler, als Zeichen einer unzureichenden Versorgung mit Sauerstoff.
In vielen Fällen sind diese jedoch stärker mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt
Die Darmschlingen des Kolons sind prall gefüllt, im Gekröse ist ein glasig schimmerndes Ödem sichtbar. Dies entsteht durch die Erhöhung des hydrostatischen Drucks in Folge der Kompression von Venen und Lymphgefäßen im Bereich der Tosionsstelle.
Entgegen der Torsionsrichtung wird das gesamte(!) Gekröse um die Gekrösewurzel herum aufgedreht.
Situation nach dem Drehen des Darmkonvoluts (hier um 360° entgegen dem Uhrzeigersinn, gesehen von der rechten Seite des OP-Feldes).
Während des gesamten Drehvorgangs muss darauf geachtet werden, dass alle Därme auf dem OP-Feld so gelagert werden, dass kein übermäßiger Zug auf das Gekröse auftritt.
Nach dem Aufdrehen wird zur Sicherheit auch noch einmal von unterhalb der Darmscheibe die Gekrösewurzel auf Torsionsfalten untersucht. War die Retorsion erfolgreich, fühlt sich die Gekrösewurzel wie eine Platte an.
Ist die Torsion erfolgreich beseitigt, bekommen die Darmwände rasch wieder eine hellere Färbung als Zeichen der wieder einsetzenden Perfusion.
Wenn an dem ausgebreiteten Gekröse vom Ansatz der Därme bis zur Gekrösewurzel keine Torsionsfalten mehr auffindbar sind, kann mit dem Zurückverlagern der Därme in die Bauchhöhle begonnen werden.
Die kaudale Umschlagstelle des großen Netzes wird erfasst und die Därme beginnend von oral nach aboral sukzessive wieder in den Recessus supraomentalis zurückgelagert.
Das Gas im Blinddarm kann über eine Kanüle abgelassen werden, damit der Darm leichter in die Bauchhöhle verbracht werden kann.
Fotos: M. Metzner
Die Prognose ist abhängig von der Krankheitsdauer und dem Grad der Drehung.
Nicht selten sind die Därme in Folge der (makroskopisch nicht sicher
beurteilbaren) Ischämiephase nachhaltig so geschädigt, dass die Patienten trotz
passable postoperativer Phase den Folgen der Ischämie erliegen.
Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.
Bei komplikationsloser Wundheilung können die Fäden 10 Tage nach dem Eingriff entfernt werden.
Vermutlich kommt es nach Korrektur der Torsion und Reperfusion distal der Torsion gelegener Darmabschnitte häufig zu einem Schockgeschehen durch die Freisetzung von Toxinen.
Nachgelagert: Wundinfektion, Nahtdehiszenz, Peritonitis