Differentialdiagnostische Listen, Leitsymptom

Harverfärbungen

Definition:
Physiologischer Harn hat eine hell- bis dunkelgelbe Farbe und ist transparent.

Pathophysiologische Zusammenhänge:
Die physiologische Farbe des Harnes wird durch seine Konzentration beeinflusst.
Durch Hinzukommen von normalerweise nicht harngängigen Substanzen oder Zellen kann die Farbe verändert werden. Diese können an den Glomerula, im Nierenbecken, den Harnleitern, der Harnblase, der Harnröhre, beim weiblichen Tier in Scheide und Vestibulum, beim männlichen Tier im Präputium hinzukommen.
Beim weiblichen Rind kann Harn mittels in die Harnröhre eingeschobenem Katheter direkt aus der Harnblase entnommen werden. Hierdurch können Verunreinigungen durch Sekrete aus dem Genitaltrakt (Brunstsekret, Abbluten, Genitalkatarrh) vermieden werden. Beim männlichen Rind ist dies nicht möglich (sigmoidale Krümmung des Penis), weshalb in einigen Fällen eine gewisse Unsicherheit bei der Interpretation bleibt.

Klinisches Bild:
Je nach Art der hinzukommenden verfärbenden Bestandteile ändern sich Harnfarbe und Transparenz.

Entscheidungsweg zur Ursachenfindung:

Farbe?
rötlich, rotbraun bis schwarzbraun
Transparenz?
trüb
Zellzusammensetzung?
Die Zelldifferenzierung kann nur in frisch gewonnenem Harn bestimmt werden, da die Zellen schnell degenerieren.
nur Erythrozyten
akute Entzündung eines anderen Organsystems
       -> Septikämie
erhöhte Blutungsneigung in anderen Organsystemen
      -> hämorrhagische Diathese
vorberichtlich Sulfonamidabusus
      -> Sulfonamidintoxikation
vorberichtlich Adlerfarnaufnahme
      -> Adlerfarnvergiftung
auch Leukozyten (Pyurie)
Verlauf / pyämischer Primärherd?
ACHTUNG! Die nachfolgende Unterscheidung gibt lediglich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit an, die Übergänge im klinischen Bild sind fließend.
chronisch, kein Primärherd erkennbar
Fieber?
schubweise Fieber, eventuell Koliken,
    eventuell Nieren u. / o. Harnleiter vergrößert;
    C. renale im Harn
      -> Pyelonephritis
selten Fieber, häufiger schmerzhafter
    Harnabsatz, eher ältere Tiere betroffen
      -> Harnblasenentzündung
selten Fieber, häufiger schmerzhafter
    Harnabsatz, eher jüngere Tiere betroffen,
    auffälliger Echographiebefund an Blase /
    Urachus
      -> Urachitis / Harnblasenabszess
akut, hochfieberhaft, Harnsediment: auch vermehrt
    Nierenepithelien u. Keimzahlen > 100.000 / ml,
    Nieren vergrößert, pyämischer Primärherd
       -> metastatisch - eitrige Nierenentzündung
klar
Ammoniumsulfat-Fällungstest? (s. Glossar)
Filtrat entfärbt (Hämoglobinurie (Hinweis auf massive intravasale Hämolyse))
Vorbericht / Blutausstrich ?
Weidegang, Vektoren (Zecken, Tsetsefliegen) vorhanden /
     Nachweis von Parasiten (Babesien, Trypanosomen)
      -> Parasitose der Erythrozyten (Babesiose, Trypanosomiasis)
Jungtiere, plötzlich freier Zugang zu Wasser
      -> Tränkehämoglobinurie
Filtrat nicht entfärbt (Myoglobinurie (Hinweis auf umfangreiche Zerstörung von Muskelgewebe))
regionale Bewegungsanomalie
      -> Muskelruptur
plötzliche körperliche Überbeanspruchung
      -> paralytische Myoglobinurie
hellbraun bis dunkelrötlichbraun (kognakfarben), klar
fluoreszierend bei UV-Licht
    -> erbliche Porphyrinurie
vorberichtlich Gabe von Phenothiazin, Bromsulphthalein, Indokarmin oder Phenolrot
    -> iatrogen bedingte Harnverfärbungen 


 

Letzte Änderung: 29.11.2006          Autor: M.Metzner


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