Das Wichtigste in Kürze
Die Zerstörung oder Entfernung der Hornanlage
gilt bei Kälbern als Routineeingriff, der in der Regel vom Tierbesitzer
selber (durch 'Brennen') bei Tieren unter 6 Wochen durchgeführt wird. Für
ältere Tiere eignen sich chirurgische
Verfahren. Das früher angewandte Verätzen der Hornanlage ist inzwischen
nicht mehr erlaubt.
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Verminderung des Risikos für Verletzungen von Mensch (Arbeitsunfälle) und Tier (bei Haltung in Gruppen). Die Notwendigkeit wird zunehmend in Frage gestellt.
Zur Wahl einer geeigneten Methode muss die Hornanlage (epitheliale Hornknospe) beurteilt werden. Ist die Länge der Hornknospe unter 1 cm und der Durchmesser unter 2 cm, kommt eine Zerstörung der Hornanlage mittels Thermokauter in Frage. Bei Hornanlagen mit einer Länge von mehr als 1 cm und einem Durchmesser von mehr als 2 cm eignet sich ein chirurgisches Vorgehen (Enthornung). Ab einem Alter von ca. 6 Monaten kann es beim Enthornen (inkl. Hornzapfen) zur Eröffnung der Stirnhöhle kommen (s. Enthornung beim Rind).
Je nach angewandter Methode: Für das Brennen nur Schur (damit die Hornknospe gut sichtbar wird), bei chirurgischem Vorgehen zusätzlich Reinigung und Desinfektion.
Die Sedation wird mit Xylazin 2%ig (0,2 mg/kg) durchgeführt. Als Schmerzmittel wird ein zulässiges nicht steroidales Antiphlogistikum gewählt (in Deutschland zur Zeit z.B.: Meloxicam, 0,5 mg/kg).
Bei unter 6 Wochen (bis zum 41. Lebenstag) alten Rindern ist eine Betäubung
(in Deutschland) bisher zwar gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben (§ 5 (3)
Nr. 2 TierSchG), sie sollte jedoch aus tierärztlicher Sicht in jedem Fall
durchgeführt werden, da auch bei jungen Rindern ohne Betäubung
starke Schmerzen und Stress verursacht werden (Nach Ansicht des Autors ist
die Regelung im TierSchG aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar,
denn auch neugeborene Kälber können - wie adulte Tiere - Schmerzen empfinden;
das betäubungslose Enthornen bei Kälbern unter 6 Wochen sollte verboten werden).
Zur Betäubung wird der Ramus
cornualis des N. trigeminus mit ca. 5 ml eines 2%igen
Lokalanästhetikums betäubt. Er verläuft in der Schläfengrube, am lateralen
Rand des Stirnbeins, ab halbem Weg
zwischen lateralem Augenwinkel und Hornanlage, subkutan (unterhalb des
Hautmuskels), parallel zur Crista
frontalis externa (im Präparat mit einem Pfeil gekennzeichnet). Die Einstichstelle befindet sich auf halber Strecke
zwischen lateralem Augenwinkel und Hornanlage, die Einstichrichtung erfolgt fast
senkrecht zur Haut unterhalb der tastbaren Crista frontalis externa, das
Depot wird ca. in 2 - 3 cm Tiefe abgesetzt.
Anmerkung: Die Betäubung mit einem Lokalanästhetikum darf in Deutschland zur
Zeit nur durch Tierärzte erfolgen. Außerdem darf eine Enthornung ab dem 42. Tag
nur noch im Einzelfall vorgenommen werden (s. § 5 und § 6 TierSchG)!
Auch mittels Eissprays kann die Hornanlage anästhesiert werden.
Ab dem 42. Lebenstag darf nur noch in Einzelfällen enthornt werden.
Zur Anwendung kommt ein speziell für das Kauterisieren von Hornanlagen konzipiertes Gerät (bestehend aus Schutztransformator und Brennstab). Das Ende des Brennstabes ist so ausgebildet, dass für das Brennen nur der ringförmige Teil die Haut berührt. Der hohle Innenbereich ist extra so ausgebildet, dass die Hornanlage selber vom Brennvorgang nicht betroffen wird. Es eignet sich für junge Kälber bis zu einem Alter von ca. 6 Wochen (Hornknospe < 1 cm).
Beim Brennen wird der Brennstab senkrecht auf die Haut aufgesetzt und in
Längsachse etwas hin- und herdgedreht. Der Brennvorgang soll 10 Sekunden je
Seite dauern. Hierdurch wird nur eine ringförmige Kerbung der Haut um die
Hornanlage herum erzeugt, die etwa bis zur halben Dicke der Stirnhaut reicht.
Dies führt zur Unterbrechung der Blutversorgung der Hornanlage und nachfolgender
Verödung (die Hornanlage verbleibt zunächst, sie stirbt in den nachfolgenden 3 -
4 Wochen ab und der Defekt vernarbt).
CAVE: Keinesfalls darf ein Kauterisieren bis zum Stirnbein erfolgen. Dies kann zur Nekrose des Stirnbeins und
zu
Meningitis führen. Häufig werden Enthornungen vom Tierbesitzer selber fehlerhaft
durchgeführt und den Kälbern durch zu tiefes Brennen erhebliche Schmerzen
zugefügt. Ob es notwendig ist, die gesamte Hornanlage zu kauterisieren oder mittels des
Thermokauters herauszustemmen, ist umstritten. Es wird berichtet, dass es ohne
kompletter Entfernung der Hornanlage häufiger zu eitrig-entzündlichen
Veränderungen kommen soll. In Deutschland gibt es Bundesländer, in denen das
Vorgehen vorgeschrieben wird (aktuelle Vorgaben/Erlässe beachten, z.B.:
Niedersachsen: Nur einen Ring brennen).
Hierfür wird eine kreisförmige Stanze nach ROBERTS verwendet. Sie eignet sich
für Hornanlagen mit einem Durchmesser bis zu 3 cm. Die Stanze wird senkrecht zur
Haut mit der Hornanlage im Zentrum aufgesetzt und die Haut durch drehende
Bewegungen durchschnitten. Anschließend wird die Hornanlage mit tangential
angesetzter Stanze oder einer Schere oder einem Skalpell vollständig entfernt.
Dabei auftretende Blutungen können durch Abdrehen mittels Arterienklemme oder
Kauterisieren gestillt werden.
An Stelle der Stanze kann auch eine kreisförmige Umschneidung mittels Skalpell
erfolgen. Diese Methoden eignen sich auch für Kälber über 6 Wochen, sie sind in
Deutschland gemäß TierSchG dann jedoch nur nach medizinischer Indikation erlaubt
(Amputationsverbot).
Zum Abdecken der Wunde (fernhalten von Fliegen!) kann zwischen verschiedenen Vorgehensweisen gewählt werden: Sprühverband, Abdeckung mit einem kreisförmig geschnittenen und aufgeklebtem Gazestück (evtl. zusätzlich mit Aluspray abgedeckt), Auftackern oder Aufnähen eines Tupfers.
Wenn ein vollständiger Hautverschluss gewünscht wird, kann die Wunde auch genäht werden. Hierzu muss zuvor die Haut am Rand mobilisiert (Stillung von Blutungen mittels Kauter) und diese dann mittels U-Heften verschlossen werden.
Fotos: M. Metzner
Mittels spezieller Zangen mit halbkreisförmigen Schneiden (z.B.: Enthornungszange nach BARNS) kann die Hornanlage in einem Arbeitsschritt herausgetrennt werden. Sie eignet sich für Hornanlagen mit einem Durchmesser bis zu 4 cm.
Das früher angewandte Verätzen der Hornanlage mittels Ätzpaste, -flüssigkeit oder -stift ist nicht mehr erlaubt (ergibt sich daraus, dass die Mittel zur Anwendung am Lebensmittel liefernden Tier derzeit nicht zugelassen sind) und kann zu lang anhaltendem Schmerz, Gefahr für Anwender und Tieren (Verlaufen in die Augen, Verätzung bei Ablecken) führen.
Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf (z.B.: wenn Kalb nicht gut die angebotene Milch aufnimmt).
Bei der Methode mit Naht der Haut: Entfernung der Fäden 10 Tage nach dem Eingriff.
Wundinfektion, Krüppelhornbildung (bei unvollständiger Zerstörung der Hornanlage), Nekrose des Stirnbeins und Meningitis (bei unangemessener Verwendung des Thermokauters).