Das Wichtigste in Kürze
Eine Caecotomie wird bei starker Blinddarmdilatation,
insbesondere bei Blinddarmtorsion und Blinddarmretroflexion durchgeführt.
Die Operation erfolgt bei adulten Tieren am stehenden Tier von der rechten
Flanke aus, bei Kälbern in Seitenlage. Nach Korrektur von ggf. bestehender
Torsion und / oder Retroflexion wird der Blinddarm an der Spitze eröffnet
und der Inhalt abgelassen. Bei Nekrose von Teilen des Blinddarms muss eine
Amputation des abgestorbenen Bereichs oder die Euthanasie erfolgen.
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Eine Blinddarmdilatation entsteht durch übermäßige Anfüllung des Blinddarms (und ggf. auch angrenzender Darmabschnitte (Ansa proximalis und Kolon)) mit Gas und/oder dünnbreiiger bis wässriger Flüssigkeit. Die Ursachen sind weitgehend ungeklärt. Je nach Ausmaß kommt es nur zur Verlagerung oder zusätzlich zur Retroflexion und Torsion mit partieller bis hin zu vollständiger Behinderung der Darmpassage. Kommt es durch die Verlagerung zur Abschnürung von Blutgefäßen, kann der betroffene Darmabschnitt durch die entstehende örtliche Ischämie rasch absterben. Adulte Tiere sind von Blinddarmaufgasungen häufiger betroffen als Jungtiere.
Eine Indikation zu einem chirurgischen Eingriff ergibt sich, wenn es Hinweise auf eine Torsion oder Retroflexion gibt (hochgradige Störung des Allgemeinbefindens und Exsikkose, starke Kolik) und bei einer Erkrankungsdauer > 24 Stunden. Ist das Allgemeinbefinden nur geringgradig gestört und der Kotabsatz noch vorhanden, kann eine konservative Therapie mit die Darmmotorik stimulierenden Medikamenten versucht werden. Bei Kälbern kann bei Verdacht eine Probelaparotomie erwogen werden, im Ileusfall ist rasches Handeln notwendig.
Die transrektale Untersuchung liefert im allgemeinen entscheidende Hinweise (Spitze des aufgegasten Blinddarms direkt im Becken oder "Autoreifen" rechts vor dem Becken) s.a. Rinderskript. Allerdings kann bei Retroflexion das Erreichen des Blinddarms schwierig sein und zur Verwechslung mit einer Labmagenverlagerung nach rechts führen. Da aber auch in diesem Fall eine Operation angezeigt ist, spielt es keine entscheidende Rolle.
Bei Kälbern fällt häufig ein volles Abdomen auf, in manchen Fällen zeichnet sich der aufgegaste Blinddarm an der rechten Bauchwand ab.
Bei diesem Eingriff handelt es sich um eine Laparotomie (Details s. dort). Bei starker Störung des Allgemeinbefindens ist Schockprophylaxe notwendig (Infusion, Kortikosteroide). Der Zugang erfolgt von der rechten Flanke, bei adulten Tieren am stehenden Tier, bei Kälbern in Seitenlage.
Bei der manuellen Exploration der Bauchhöhle wird der Verlauf des Blinddarms von seiner Spitze bis zum Ansatz an der Ansa proximalis coli auf Hinweise für eine Blinddarmtorsion (Torsionsfalten) oder Retroflexion untersucht, die ggf. berichtigt werden müssen, bevor der Blinddarm eröffnet wird, weil sie eine vollständig Entleerung verhindern würden. Bei extremer Aufgasung kann zunächst versucht werden, über eine Kanüle mit angeschlossenem Schlauch, Gas aus dem Blinddarm abzulassen. Dann wird die Spitze des Blinddarms aus der OP-Wunde hervorgelagert und nochmals auf Torsionsfalten untersucht. Die eigentliche OP-Abdeckfolie kann durch eine weitere (kleinere) geschützt werden, bevor an der Blinddarmspitze ein 3 - 5 cm (abhängig von der zu erwartenden Konsistenz des Darminhalts) Schnitt (durch eine Hilfsperson) angelegt wird, über den sich der Blinddarminhalt rasch passiv entleeren kann. Als "Spritzschutz" wird ein Eimer mit etwas Stroh verwendet. Anschließend wird versucht, weiteren Darminhalt durch Massage mit der Hand in Richtung Blinddarmspitze zu befördern. Eine möglichst vollständige Entleerung ist anzustreben; allerdings ist es kaum möglich Inhalt aus Kolonteilen in Richtung Blinddarm zu massieren.
Vor dem Verschluss der Öffnung in der Blinddarmspitze kann diese mit zwei Darmklemmen nach DOYEN abgeklemmt werden (damit wird Nachlaufen von Darminhalt in Richtung Öffnung vermieden), und es werden die verbliebenen Reste an Darminhalt in der Blinddarmspitze mittels steriler Kompressen nach außen massiert. Dann kann die Blinddarmspitze angehoben und mittels zweier einstülpenden Nähte nach CUSHING verschlossen werden (z.B.: monofiler Glykonatfaden, metric 2). Abschließend wird der vorgelagerte Blinddarmabschnitt mit reichlich steriler isotoner Lösung abgespült und dann die Blinddarmspitze wieder in den kaudalen Bauchraum zurückgelegt.
Sollte sich der Blinddarm rasch erneut füllen (Flüssigkeit aus dem Kolon oder der Ansa proximalis, die nicht herausgehebert werden konnte), muss der Blinddarm erneut eröffnet und entleert werden.
Bei Vorliegen einer Nekrose der Blinddarmwand muss der betroffene Abschnitt amputiert oder das Tier euthanasiert werden. Das Vorgehen erfolgt zunächst analog mit Eröffnung der Spitze, damit der Darminhalt abgelassen werden kann. Dann werden zwei Darmklemmen in einiger Entfernung des abgestorbenen Blinddarmteils (im noch durchbluteten Bereich) gesetzt und der nekrotische Blinddarmabschnitt abgesetzt. Danach wird der Stumpf mittels zweier einstülpender Nähte verschlossen.
Bei Kälbern wird der Eingriff unter Vollnarkose von der rechten Flanke aus durchgeführt.
Wundverschluss der Bauchhöhle wie bei der Laparotomie beschrieben.
Aus der OP-Wunde vorgelagertes dilatiertes Blinddarmende.
Eine zusätzliche Abdeckfolie wurde um den Blinddarm herum gelegt, damit bei Austritt von Darminhalt das OP-Feld nicht verschmutzt wird.
Die Hilfsperson fasst die nahe der Blinddarmspitze gelegene Darmwand mit zwei sterilen Kompressen und hält sie vom Abdomen weggerichtet.
Bei der Eröffnung der Blinddarmspitze fließt schwallartig Flüssigkeit ab. Dabei versucht die den Blinddarm haltende Person, den Abfluss gezielt vom Tier weg zu richten.
Wenn sich der Blinddarm entleert hat, wird versucht, weitere Flüssigkeit aus dem Bauchraum herauszumassieren. Dabei muss darauf geachtet werden, dass keine Flüssigkeit entlang der Darmwand in die Bauchhöhle gelangen kann.
Die Blinddarmspitze wurde mit zwei Darmklemmen nach DOYEN so gefasst, dass kein Darminhalt mehr in den Bereich der Öffnung fließen kann.
Im Lumen der Blinddarmspitze verbliebene Flüssigkeit wird mit sterilen Kompressen herausmassiert.
Erste einstülpende Naht nach CUSHING (monofiler Glykonatfaden, metric 2) zum Verschluss der Öffnung.
Zweite einstülpende Naht nach CUSHING.
Fertig verschlossene Öffnung.
Fotos: M. Metzner
Die Heilungsaussichten sind stark abhängig vom Zustand der Darmwand und Hinweisen auf bereits bestehende Peritonitis. Bei ausgedehnter Nekrose des Blinddarms ist sie schlecht.
Dauertropfinfusion, bei starker Dehydratation auch orale Rehydratation, Verabreichung eines die Darmmotorik stimulierenden Medikaments.
Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.
Bei komplikationsloser Wundheilung können die Fäden 10 Tage nach dem Eingriff entfernt werden.
Wundinfektion, Nahtdehiszenz, Peritonitis, Rezidiv