Anschoppung durch koaguliertes Blut
M. Metzner

Das Wichtigste in Kürze
Bei dieser Erkrankung, deren Ursache nicht eindeutig geklärt ist, tritt Blut aus einem Dünndarmulcus aus, gerinnt und verschließt das Lumen pfropfartig.
Ziel des chirurgischen Eingriffs ist es, den Darmverschluss durch manuelle Zerteilung des Blutkoagulums im Darm zu beseitigen. Wenn die Blutung erneut auftritt, kann es zu einem Rezidiv kommen.

1. Symptomatik und Diagnose -> s. Rinderskript

Der nachfolgend beschriebene chirurgische Eingriff bezieht sich nur auf Anschoppungen durch koaguliertes Blut.

2. OP-Vorbereitung, Anästhesie, Schmerzmittel, Schnittführung

Bei diesem Eingriff handelt es sich um eine Laparotomie (Details s. dort). Der Zugang erfolgt von der rechten Flanke.

Häufig weisen Kühe mit blutiger Anschoppung stark ausgeprägte Hypokalzämie auf. Diese sollte bereits vor OP-Beginn korrigiert werden, damit die Standsicherheit des Tieres besser gewährleistet ist. Da die Tiere bereits stark dehydriert seien können, ist eine Dauerinfusion mit mindestens 10 Liter NaCl 0,9 % indiziert.

3. OP-Durchführung

3.1 Beschreibung der OP-Durchführung

Nach Eröffnung der Bauchhöhle muss bei der systematischen Exploration der Bauchhöhle vor allem nach Dünndarmabschnitten mit teigiger bis geleeartiger Konsistenz gesucht werden, die sich am Übergang von vollen (proximal gelegenen) zu leeren (distal gelegenen) Darmabschnitten befinden. In manchen Fällen kann man hier auch etwas Rauigkeit, die durch fibrinöse Auflagerungen bedingt ist, vorfinden. Die weiter proximal gelegenen Jejunumabschnitte sind häufiger betroffen als distal gelegene Abschnitte. Die prall gefüllten Dünndarmabschnitte führen zu einem erheblichen Zug am Gekröse, wodurch Blutgefäße unter Spannung geraten. Deshalb ist die Bauchhöhlenflüssigkeit in der Regel mittel- bis hochgradig vermehrt, jedoch ohne Geruchsabweichungen (Transsudat). Auch Torsionen im Gekröse der betroffenen Darmabschnitte können auftreten.
Wo möglich, sollte der Eingriff am stehenden Tier vorgenommen werden. Bei Tieren bei denen die Standsicherheit (auch nach Korrektur einer bestehenden Hypokalzämie) stark herabgesetzt ist und bei schwer zugänglichen (meist proximal gelegenen) Darmabschnitten, kann es notwendig werden, das Tier abzulegen.

3.2 Bilder zur OP-Durchführung

Laparotomie

 

In der Abbildung sind die dunkelrot gefärbten, fleckigen, scharf umschriebenen Konturen der in der Darmmukosa sitzenden Geschwüre erkennbar.

 

Laparotomie

 

Übergang eines mit einem Blutkoagulum angeschoppten und dunkler gefärbten Darmabschnitts zu einem direkt distal liegenden leeren Darmabschnitt mit physiologisch rosa Färbung.

 

Laparotomie

 

Durch vorsichtige Massage wird das geleeartig angeschoppte Blutkoagulum im Darmlumen zerteilt. Dabei ist es ratsam, mit dem Zerdrücken dort zu beginnen, wo das Darmlumen mit flüssigen Ingesta angeschoppt ist (also weiter proximal) und sich dann weiter in Richtung des Übergangs zu den leeren Därmen vorzuarbeiten. Dadurch kann festerer mit flüssigem Inhalt aufgeweicht werden. Der Abschnitt, an dem Ulcera erkennbar sind, sollte möglichst geschont werden.

In manchen Fällen ist es nicht möglich, den betroffenen Darmabschnitt aus der Wunde heraus zu verlagern. Wenn auch ein Ablegen des Tieres nicht möglich ist, dann muss das Zerteilen des Blutkoagulums ohne Sichtkontrolle intraabdominal erfolgen.

 

Laparotomie

 

Anschließend soll überprüft werden, ob die Durchgängigkeit sichergestellt ist (distal gelegene Darmabschnitte füllen sich).

Durch Spülen des lädierten Darmabschnitts mit körperwarmer physiologischer Kochsalzlösung kann in einigen Fällen die Motorik angeregt werden.

 

 

Fotos: M. Metzner

Ist die Darmwand bereits nekrotisch und mit Fibrin überzogen, kann eine Resektion des betroffenen Abschnitts erwogen werden. In allen anderen Fällen ist weder Enterotomie noch Darmresektion notwendig.
In seltenen Fällen können weitere angeschoppte Darmabschnitte (durch weitere Geschwüre), Darminvaginationen oder ein Volvulus bestehen, die ebenfalls korrigiert werden müssen.

4. Prognose:

Sie wird vermutlich stark von der Dauer des bestehenden Verschlusses beeinflusst und liegt durchschnittlich bei ca. 60 % Erfolgsrate. Ist bereits viel Fibrin vorhanden, sollte die Prognose deutlich schlechter eingestuft werden. Sollte die Kuh nach der ersten OP noch nicht durchgängig sein oder bleiben, kann eine zweite OP erwogen werden. Die Prognose für die zweite OP dürfte ähnlich hoch liegen wie nach der ersten OP. Bei Tieren, bei denen die Darmpassage in den drei Tagen nach dem Eingriff erhalten bleibt, ist die langfristige Prognose gut.

Die Ursache der Erkrankung ist bisher ungeklärt.

5. Nachsorge

Unmittelbar nach Verschluss muss versucht werden, die Darmmotorik anzuregen (oder aufrecht zu erhalten):
Neostigmin (Konstigmin):  0,025 mg / kg KLM, alle 2 - 3 Stunden wiederholen (Cave: Nebenwirkungen!)
Glaubersalz (wasserfreies Natriumsulfat): 1g / kg KLM in 10 Liter Wasser peroral eingeben.

Verabreichung von Antiinfektiva und von Schmerzmitteln ist indiziert.

Spätestens nach 12 Stunden sollte das Tier eine größere Menge stark blutigen Kots absetzen. Andernfalls kann es zu einem neuen Verschluss gekommen sein, der ggf. durch erneuten chirurgischen Eingriff behoben werden könnte.

Die Fäden werden bei komplikationsloser Wundheilung nach 10 Tagen entfernt.