Das Wichtigste in Kürze
Bei Vorliegen eines Vovulus intestini ist
unverzüglich ein chirurgischer Eingriff indiziert. Der Zugang erfolgt durch Laparotomie in der rechten Flanke, bei adulten Tieren zunächst am stehenden
Tier. Da ein Aufdrehen der Torsion häufig erst am in Seitenlage verbrachten
Tier möglich ist, müssen hierfür bereits vor Beginn des Eingriffs
Vorkehrungen getroffen werden.
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Die Ursachen für die Entstehung eines Volvulus sind nicht sicher bekannt.
Vermutet werden vermehrte Gasbildung im Lumen und/oder Verminderung der Motorik des
Dünndarms. Bei Verdacht auf Vovulus ist unverzüglich chirurgische
Intervention indiziert, wenn das betroffene Tiere gerettet werden soll, weil durch die Torsion
im Gekröse auch Blutgefäße abgeschnürt werden. Je nach Ausmaß kommt es dann zu
Ischämie und Absterben des betroffenen Darmabschnitts. Besonders häufig ist das
schürzenförmige Gekröse des Jejunum (vor Übergang in das Ileum) betroffen, vermutlich weil es auf Grund
der anatomischen Verhältnisse besonders beweglich ist.
Bei länger bestehendem (mehr als 12 Stunden) Volvulus ist die Prognose für eine
Heilung sehr schlecht.
Klinisch äußert sich ein Vovulus wie andere Ileusformen auch: Koliksymptome, Dehydratation, Sistieren des Kotabsatzes, vermehrt volles Abdomen (dann auch Plätschergeräusche bei der Schwingauskultation), bei adulten Tieren: bei transrektaler Palpation vermehrt gefüllter Darmschlingen und unter Spannung stehende Gekrösestränge; bei der Echographie vermehrt gefüllte Därme (adulte Tiere: Durchmesser > 3 cm). Eine Sicherung der Diagnose ist erst nach Eröffnung der Bauchhöhle möglich.
In der Videosequenz sind stark dilatierte Dünndarmschlingen (Durchmesser bis zu 5 cm) erkennbar, die noch sehr gute Motorik aufweisen. Zwischen den Schlingen sind zeitweise anechogene 'Flüssigkeitsdreiecke' sichtbar.
Videosequenz, 19 Sek., 9 MB, MP4
Echographie: M. Metzner
Verabreichung eines Antiinfektivums und eines Schmerzmittels. Bei Anzeichen von Dehydratation sollte über einen Venenverweilkatheter isotone Kochsalzlösung verabreicht werden. Bei hochgradiger Dehydratation kann für eine kurzfristige Erhöhung des intravasalen Blutvolumens auch die Verabreichung einer hypertonen Kochsalzlösung genutzt werden.
Der Eingriff beginnt in der Regel am stehenden adulten Tier (bei Kälbern erfolgt der gesamte Eingriff unter Vollnarkose). Bei Verdacht auf Vorliegen eines Vovulus intestini sollten aber alle Vorkehrungen für eine möglicherweise notwendige Fortführung des Eingriffs am Tier in linker Seitenlage getroffen werden, denn in der Regel ist eine Korrektur erst möglich, nachdem der betroffene Darmabschnitt aus der Bauchhöhle vorgelagert wurde.
Schwanz fixieren, sorgsame Schur des Operationsfeldes, Waschen mit Seife, Wasser und weicher Bürste (keine Wurzelbürste), Desinfektion.
Am stehenden adulten Tier wird häufig auf eine Sedation verzichtet, damit das
Risiko, dass das Tier sich während der OP niederlegt, geringer ist.
Vor Beginn des Eingriffs wird ein Analgetikum verabreicht (z.B.: Metamizol, 40 mg/kg) und eine
Lokalanästhesie in der Flanke durchgeführt. Wenn das Tier
abgelegt werden muss, wird zusätzlich Xylazin (0,2 mg/kg i.v.) verabreicht, und
die Lokalanästhesie muss an die ggf. notwendige Erweiterung der Eröffnung der Bauchhöhle
angepasst werden (Schnittlinieninfiltration im ventralen Bereich).
Beim Kalb wird der Eingriff unter Vollnarkose (Inhalationsanästhesie
oder Injektionsanästhesie) durchgeführt.
Bis zur Klärung der Verhältnisse erfolgt der Eingriff wie im Kapitel Laparotomie am stehenden adulten Tier beschrieben. Bei der Exploration der Bauchhöhle dominieren vermehrt gefüllte Dünndärme. Die Torsionsstelle im Dünndarmgekröse (häufig im Bereich des schürzenförmig ausgebildeten Gekröses des Ileum) stellt sich bei der Palpation als harter Strang mit Faltenbildung in Torsionsrichtung dar. Unter Umständen gelingt es am stehenden Tier den betroffenen Dünndarmabschnitt intraabdominal aufzudrehen. Gelingt dies nicht, kann versucht werden, die Därme auf einen an die Bauchhöhlenöffnung heran gestellten und mit einer sterilen Folie abgedeckten Tisch herauszulegen, oder das Tier muss abgelegt werden, damit ein umfangreiches Vorlagern der vermehrt gefüllten (und sehr schweren) Därme möglich wird.
Das Ablegen eines adulten Tieres kann durch Applikation von Xylazin (0,2 mg/kg, i.v.) bewirkt werden. Damit das Tier auf die linke Seite niedergeht, wird zuvor ein Seil an der hinteren linken Gliedmaße im Fesselbereich angebracht und ein weiches Lager vorbereitet. In dem Moment, in dem das Tier niederzugehen beginnt, kann durch Zug an diesem Seil und gleichzeitigem Druck im dorsalen Seitenbereich und ein Einbiegen des Kopf-Halsbereiches nach rechts, ein Ablegen auf die linke Körperseite bewirkt werden. Zur Sicherheit sollte das Operationsfeld zuvor mit Klemmen nach BACKHAUS provisorisch verschlossen und mit sterilen Folien abgedeckt werden.
Es empfiehlt sich die Bauchhöhlenöffnung möglichst groß zu erweitern (vor
Verlängerung der Schnittlinie ggf. Schnittlinieninfiltration mit einem
Lokalanästhetikum), damit das Vorlagern der dilatierten Darmabschnitte unter
Schonung des sehr leicht einreißenden Gekröses gelingen kann. Dabei werden die
Därme auf dem Tier geordnet gelagert und durch die Assistenz gehalten. Damit sie
nicht austrocknen, können sie mit körperwarmer physiologischer Kochsalzlösung
benetzt werden.
Nach der Diagnose der Torsionsrichtung wird der betroffene Darmabschnitt
entgegengesetzt der Torsionsrichtung aufgedreht, biss das Gekröse vollständig
flach abgetastet werden kann. Ist der betroffenen Abschnitt bereits nekrotisch,
kann eine Resektion des betroffenen Darms erwogen werden (die Prognose ist dann
allerdings trotzdem noch sehr schlecht).
Üblicher Wundverschluss, wie bei der Laparotomie beschrieben.
Der betroffene Darmabschnitt wird aus der Bauchhöhle vorgelagert..
Die Därme schimmern dunkel (Zeichen dafür, das sie nicht mit ausreichend oxygeniertem Blut versorgt werden).
Nach dem Aufdrehen wird die Farbe der Därme rasch frisch.
Am Ansatz des Gekröses an der Darmwand ist ein deutlich ausgeprägtes Ödem im Gekröse erkennbar, welches durch die Strangulation der Lymph- und Blutgefäße verursacht wird.
Vollständig vorgelagertes Darmkonvolut.
In der Videosequenz ist die gute Darmmotorik nach Korrektur der Torsion erkennbar. Sie belegt, dass die Därme wieder ausreichend mit oxygeniertem Blut versorgt werden.
Videosequenz, 14 Sek., 4 MB, MP4
Sollte der Blinddarm zu stark aufgegast sein, kann das Gas über eine eingestochene Kanüle abgelassen werden. Damit das Risiko für dabei austretende Flüssigkeit möglichst gering ist, soll die Punktionsstelle so hoch wie möglich liegen.
Blinddarm nach dem Ablassen des Gases.
Nach dem Zurückverlagern aller Därme (beginnend von oral nach aboral) in den Recessus supraomentalis, wird als letztes das Ende des Blinddarmes gefasst und in Richtung Beckenhöhle in das Abdomen zurückverlagert.
Fotos: M. Metzner
Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.
Bei komplikationsloser Wundheilung können die Fäden 10 - 12 Tage nach dem Eingriff entfernt werden.
Erneuter Ileus durch verklebte Darmschlingen, Wundinfektion, Nahtdehiszenz, generalisierte Peritonitis
Die Heilungsaussichten sind vom Grad der Torsion und der bereits
eingetretenen Schädigung des Darms abhängig.
Ist die Serosa der Därme bereits mit viel Fibrin bedeckt, sind die Aussichten
sehr schlecht, weil es auch nach Korrektur (oder sogar Darmresektion) leicht zu
Verklebungen von Darmabschnitten kommen kann, die dann erneut ein Ileusgeschehen auslösen.