Resektion eines Dünndarmabschnitts
M. Metzner

Das Wichtigste in Kürze
Eine partielle Darmresektion ist indiziert, wenn ein Darmabschnitt so stark verändert ist, dass eine Revitalisierung nach Behebung der Ursache unwahrscheinlich ist oder sich die Ursache nicht beheben lässt.
Nach Ligatur der den zu resezierenden Darmabschnitt versorgenden Blutgefäße und Resektion des Darmes werden die beiden Darmenden mittels Naht nach KÜRSCHNER und anschließend Naht nach LEMBERT miteinander verbunden (End-zu-End Anastomose).
Bei sehr unterschiedlichen oral und aboralen Darmdurchmessern wird zunächst das Ende des größeren (oral gelegenen) Darmabschnitts mittels Naht nach CUSHING verschlossen, dann der Darm seitlich eröffnet (Öffnungsgröße adäquat zum Durchmesser des aboralen Darmendes) und eine End-zu-Seit Anastomose durchgeführt.

1. Indikation

Eine partielle Darmresektion ist indiziert, wenn ein Darmabschnitt so stark verändert ist, dass eine Revitalisierung nach Behebung der Ursache unwahrscheinlich ist (z.B.: Dünndarminvagination, die nicht durch Massage behoben werden kann, in einem Nabelbruch inkarzerierter Darm, der sich nicht aus dem Bruchring herauslösen lässt, Volvulus jejuni, bei dem die Darmwand bereits nekrotisch ist, , Darmquetschungen) oder es zu Verwachsungen oder Verklebungen eines Darmabschnitts mit anderen Organen gekommen ist, die nicht gelöst werden können (z.B. bei Verklebungen oder Verwachsungen zwischen Dünndarm und Urachus bei Urachitis).

2. OP-Vorbereitung

Intensive Rehydratation (besonders wichtig zur Verbesserung der Durchblutung) und Ausgleich von Elektrolytimbalancen (Infusionen) vor und während des Eingriffs, Verabreichung eines Antiinfektivums, Antiphlogese / Verabreichung eines Schmerzmittels.

3. Anästhesie

Manipulationen an den inneren Organen können zu erheblichen Schmerzen führen. Da die Zustände, die eine Darmresektion erfordern, vor allem bei erwachsenen Rindern leicht zu unübersichtlichen Situationen führen können, sollte - wenn immer möglich - der Eingriff am abgelegten, gut fixierten Tier unter Vollnarkose (TIVA oder Inhalationsnarkose) erfolgen.

4. OP-Durchführung

4.1 Beschreibung der OP-Durchführung

Die im Darmgekröse verlaufenden Blutgefäße, die den zu resezierenden Darmabschnitt versorgen, werden mit resorbierbarem Nahtmaterial einzeln ligiert. Insbesondere wenn viel Fett im Gekröse eingelagert ist und der Verlauf der Blutgefäße schlecht erkennbar ist, kann hierzu die Unterbindungsnadel nach DESCHAMPS verwendet werden. Die Anordnung der Ligaturen im Gekröse ist halbkreisförmig von der vorgesehenen oralen zur aboralen Resektionsstelle (s.u.).
Mit je zwei atraumatischen Klemmen nach DOYEN, die im Abstand von ca. 3 cm voneinander gesetzt werden, wird jeweils oral und aboral das Darmlumen verschlossen. Vor dem Setzen der zweiten Klemme sollte Darminhalt vorsichtig nach oral (aboral am aboralen Darmende) massiert werden. Der aborale Darmabschnitt ist im Durchmesser häufig deutlich kleiner als der dilatierte orale Darm. Damit bei einer End-zu-End Anastomose die Durchmesser angeglichen werden können, sollte die aboral gelegene Durchtrennung schräg zum Darmverlauf (gekröseferne Darmwand stärker kürzen => bessere Blutversorgung) erfolgen.
Nun wird das Darmstück jeweils an den innen liegenden Darmklemmen durchtrennt und das Gekröse distal der Gefäßligaturstellen abgesetzt. Etwaige Reste von Darminhalt werden vorsichtig mit feuchter Gaze ausgestrichen.

Das Aneinandernähen der Darmenden erfolgt in mehreren Schritten:
1. Zunächst werden mesenterial und antimesenterial jeweils ein Haltezügel eingezogen und verknotet (z.B. monofile Nadelfadenkombination aus Polyglykolsäure, metric 3/0, so die beiden Knoten knüpfen, dass sie serosaseitig zu liegen kommen. Durch leichten Zug an den Enden der Haltezügel kann nun das Lumen etwas vergrößert und die korrespondierenden Teile möglichst parallel an einander gebracht werden. Das Nadel-tragende Ende jedes Haltefadens wird für die Naht, das andere als Haltezügel verwendet.
2. Man beginnt mit dem Verbinden der oben liegenden Darmränder mittels fortlaufender Naht nach KÜRSCHNER von der antimesenterialen zur mesenterialen Seite hin entlang der parallel liegenden Darmstümpfe und verknotet das Ende mit dem nicht Nadel-führenden Fadenende des mesenterial gelegenen Haltezügels.
3. Sodann wird der Darm gewendet und man nutzt das Nadel-führende Ende des mesenterial gelegenen Haltezügels für die fortlaufende Naht (nach KÜRSCHNER) zur antimesenterialen Seite hin. Am Ende der Naht wird der Faden  mit dem Ende des dort liegenden Haltezügels verknotet.
4. Als zweite Naht sollte eine Naht nach LEMBERT (z.B.: monofile Nadelfadenkombination aus Polyglykolsäure, metric 3/0) verwendet werden (bei dieser verlaufen die Einstiche senkrecht zu den Wundrändern). Gegenüber einer Naht nach CUSHING (Einstiche parallell zu den Wundrändern) führt die Naht nach LEMBERT (Einstiche senkrecht zu den Wundrändern) weniger stark zu einer Verengung des Darmlumens, wenn beim Nähen etwas Zug auf den Faden kommt.

Die 4 Schritte gezeigt an einem Präparat:

Darmresektion Darmresektion Darmresektion Darmresektion

 

 

Nach Fertigstellung der Nähte werden die Darmklemmen geöffnet. Mit einem Finger wird die kurz vor der Anastomose liegende Darmwand vorsichtig nach innen in Richtung Anastomose gedrückt, damit möglicherweise bestehende Verklebungen im Anastomosebereich gelockert werden. Dann wird die Anastomose auf Durchgängig- und Dichtigkeit überprüft. Hierzu wird Darminhalt der oralen Seite vorsichtig in Richtung Anastomose massiert.
Der Spalt im Gekröse kann durch eine fortlaufende Naht oder durch Verknotung der Fadenenden der Gefäßligaturen verschlossen werden.

Sind oral und aboral gelegene Darmdurchmesser unterschiedlich groß, sollte das Erstellen einer End-zu-Seit Anastomose vorgezogen werden.
Hierzu wird nach der Resektion des betroffenen Darmabschnitts zunächst das oral gelegene Darmende mittels Naht nach Cushing doppelt einstülpend verschlossen. Anschließend wird der Inhalt des oralen Darmstumpfes so gut es geht nach oral zurückgeschoben und eine Klemme oral der gewählten Anastomose-Stelle angebracht. Dann wird seitlich am oral gelegenen Darmabschnitt eine Öffnung in die Darmwand geschnitten, deren Durchmesser an das aboral gelegene Darmende angepasst ist. Die nachfolgenden Nähte erfolgen analog zur End-zu-End Anastomose.

Die Schritte bei der End-zu-Seit Anastomose, gezeigt an einem Präparat:
 1. Verschluss des Darmendes mit einer Naht nach CUSHING, 2. seitliche Eröffnung des Darmes, 3. Anbringen von Haltezügeln, 4. Naht nach KÜRSCHNER der oben liegenden Seite.
Anschließend geht es weiter wie bei der End-zu-End Anastomose (nicht gezeigt): Naht nach KÜRSCHNER am gewendeten Darm und zirkulär eine Naht nach LEMBERT.

Darmresektion Darmresektion Darmresektion Darmresektion

 

 

Es werden auch noch weitere Nahttechniken beschrieben (z.B.: Für die erste Naht: Hinterwand nach KÜRSCHNER, Vorderwand nach SCHMIEDEN oder alles nur mit Einzelheften. Für die zweite (deckende) Naht: Naht nach CUSHING).

4.2 Bilder zur OP-Durchführung

Darmresektion

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Jejunuminvagination, die nicht durch Massage behoben werden konnte. Das Ende des inneren Rohres bildet sich im äußeren Rohr gut ab.

 

Darmresektion

 

Zwei atraumatische Klemmen nach DOYEN markieren den Darmabschnitt  der reseziert werden soll, jeweils oral und aboral (dies erleichtert die Orientierung für den folgenden Schritt, sie werden später zusammen mit dem Darmstück entfernt; Zuvor muss jedoch noch jeweils eine zweite Klemme gesetzt werden (s. Bild weiter unten)).

 

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Darmresektion Darmresektion

 

Die im Gekröse liegenden Blutgefäße werden mit einer Unterbindungsnadel nach DESCHAMPS unterfahren und ligiert (z.B.: geflochtener Polyglykolsäurefaden, metric 6).

 

Darmresektion

 

Die Fadenenden der Ligaturen werden nicht gekürzt, sie werden später zum Verschluss des Gekröses verwendet.

 

Darmresektion

 

Am aboral gelegenen Darmende wird eine zweite atraumatische Klemme nach DOYEN schräg zur ersten plaziert (hierdurch wird der Durchmesser der Darmöffnung nach dem Durchtrennen etwas größer).

 

Darmresektion

 

Zwischen den beiden Klemmen nach DOYEN wird der Darm durchtrennt..

 

Darmresektion

 

Entlang der Ligaturen im Gekröse wird das Gekröse durchtrennt.

 

Darmresektion

 

Zuletzt wird der Darm aboral durchtrennt und der Darmabschnitt entfernt.

 

Darmresektion

 

Der Durchmesser des aboral gelegenen Darmabschnitts ist deutlich kleiner als das des oral gelegenen Darmabschnitts.

 

Darmresektion

 

Ein Haltezügel wird mittels einer Nadelfadenkombination mesenterial und ein weiterer Haltezügel mit einer zweiten Nadelfadenkombination antimesenterial jeweils mittels chirurgischem Knoten fixiert (Die Fäden und Knoten sind sehr fein (Monofiler Polyglycolsäurefaden, metric 3/0) und deshalb kaum erkennbar).

 

Darmresektion

 

Durch leichten Zug an den nicht Nadel-tragenden Fadenenden der beiden Haltezügel kann der Durchmesser der beiden Darmabschnitte etwas angeglichen werden.

 

Darmresektion

 

Mittels Naht nach KÜRSCHNER wird zunächst mit dem Nadel-tragenden Ende des Haltezügels die oben liegenden Ränder der Darmenden vereinigt und ein Knoten mit dem Haltezügel am mesenterial gelegenen Faden hergestellt.

 

Darmresektion

 

Der Darm wird gewendet.

 

Darmresektion

 

Nun wird mit dem Nadel-tragenden Fadenende des mesenterial gelegenen Haltezügels die zweite Seite der Darmenden vereinigt.

 

Darmresektion

 

Nach Vervollständigung der Naht nach KÜRSCHNER wird eine deckende Naht nach LEMBERT einmal vollständig um den Darm herum genäht..

 

Darmresektion

 

Fertige Anastomose.

 

Darmresektion

 

Nach dem Entfernen der Klemmen nach DOYEN werden die Fadenenden der Ligaturfäden im Gekröse miteinander verknotet und damit der Defekt im Gekröse verschlossen.

Anschließend wird die Durchgängigkeit und Dichtheit der Anastomose überprüft, indem Darminhalt von oral nach aboral massiert wird.

 

Fotos: M. Metzner

5. Prognose

Abhängig von Ursache, Dauer und Lokalisation. Adulte Tiere neigen stärker zum Ausschwitzen von Fibrin, was dann erneut durch Verklebungen zum Ileus führen kann.

5. Nachsorge

Fortführen der Rehydratationstherapie und Ausgleich von Elektrolytimbalancen, Gabe von Neostigmin um die Darmmotorik zu fördern und damit das Risiko für Verklebungen der Därme untereinander zu mindern, Verabreichung eines Antiinfektivums für mindestens 5 Tage, Fortführung der Antiphlogese nach Bedarf.

Zum Test der Darmpassage kann Glaubersalz (1 g/kg KLM) in Wasser peroral verabreicht werden.

6. Komplikationen

Anastomose undicht oder zu eng, (Stenose), Darmverschluss durch fibrinöse Verklebungen zwischen Därmen, Peritonitis, Bridenbildung