Lungenemphysem
 
W. Klee
 
 
Das Wichtigste in Kürze

Unphysiologisch hoher Luftgehalt der Lungen distal der terminalen Bronchioli. Ursachen: allergische Reaktionen, Schädigung des Alveolenstützapparates, toxische Einwirkungen. Im Verlauf erst akutes alveoläres, dann bullöses, später interstitielles, zuletzt retroperitoneales und/oder subkutanes Emphysem. Das Vermögen der Lunge, die Exspiration durch passive Kontraktion zu bewerkstelligen, ist eingeschränkt. Vergrößerung des Residualvolumens, Verringerung der Ventilation. Hypoxämie. Klinisch zeigt sich exspiratorische Dyspnoe, häufig sind bei der Auskultation Knack- und Knistergeräusche zu hören. Starke Erweiterterung des Lungenperkussionsfeldes. Bei akuten, lebensbedrohlichen Lungenemphysemen versuchsweise Einsatz von Glukokortikoiden in hoher Dosierung. Bronchospasmolytika (derzeit [2013] keine verfügbar!).


 

Prüfungsstoff
 
 
Definition Pathogenese
Epidemiologie Klinische Erscheinungen
Ursachen Behandlung


 
 

Definition:
Lungenemphysem ist ein unphysiologisch hoher Luftgehalt der Lungen distal der terminalen Bronchioli.

Epidemiologie:

Lungenemphyseme sind bei Rindern keine Seltenheit. Die Lunge des Rindes hat einige Besonderheiten, welche die Bildung von Emphysemen begünstigt. In der Humanmedizin gehören Lungenemphyseme zu den häufigeren Todesursachen (freundliche Grüße an alle Nikotinsüchtigen!)

Ursachen:


Hinsichtlich der Pathogenese gibt es im wesentlichen zwei Vorstellungen.
Die eine geht davon aus, dass die Strukturen, welche die Alveolenwand unterstützen, zu schwach sind und kollabieren, insbesondere beim Husten und bei verschärfter Atmung. Die Inspiration ist ein wesentlich kräftigerer Vorgang als die (normale) Exspiration. So tritt bei älteren Kühen während der Kalbung mitunter ein Emphysem auf. Auch in der Agonie und bei der Schlachtung kommt es relativ häufig zur Bildung von Emphysemen.
Nach der anderen Vorstellung ist die Verengung der Bronchiolen durch Sekret oder Bronchospasmus das zentrale Ereignis.

Ob das in der humanmedizinischen Literatur in den Mittelpunkt gestellte (genetisch oder durch exogene Faktoren bedingte) Ungleichgewicht zwischen Proteasen und Antiprotesaen (mit dem Ergebnis des Abbaus von elastischem und Stützgewebe in der Lunge) auch bei Rindern eine zentrale Rolle spielt, ist nicht bekannt. Die Tatsache, dass Lungememphyseme beim Rind meist reversibel sind, wenn die auslösende Krankheit überstanden wird, spricht jedenfalls nicht dafür.

Zunächst wird durch irgendeinen Prozess vermehrt Luft in den Alveolen gehalten (akutes, alveoläres Emphysem). Bei längerem Bestehen werden die Alveolen überdehnt und sie platzen zum Teil (bullöses Emphysem), wodurch Luft auch ins Lungeninsterstitium (interstitielles Emphysem) und von dort über das Mediastinum weiter wandern kann (retroperitoneales und/oder subkutanes Emphysem).
 

Durch das Emphysem ist das Vermögen der Lunge, die Exspiration durch passive Kontraktion zu bewerkstelligen, mehr oder weniger eingeschränkt. Daher ist das Residualvolumen der Lunge vergrößert und die Ventilation insgesamt verringert. Die Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes sinkt (Hypoxämie). Durch Kollaps vieler Kapillaren und durch die Reduktion des Unterdrucks im Brustraum steigt der Widerstand im Lungenkreislauf. Dies wiederum kann zur Ausbildung eines Cor pulmonale und schließlich zum Versagen des rechten Herzens führen.
 

Klinische Erscheinungen:
Exspiratorische Dyspnoe mit abdominal verstärkter Exspiration und geringe Toleranz gegenüber Bewegung. Bei der Auskultation sind Knack- und Knistergeräusche zu hören, manchmal aber auch keinerlei Atemgeräusche. Beim interstitiellen Lungenemphysem kann sich die Luft bis unter die Haut und unter das Peritoneum ausdehnen. Das Unterhautemphysem beginnt meist in der Gegend des Widerristes, kann sich aber in extremen Fällen bis über den größten Teil des Rumpfes erstrecken. Bei der Palpation ist Knistern zu spüren und zu hören und die Perkussion mit der Hand ergibt einen sehr dumpfen Ton, ähnlich wie bei einer Trommel mit Riss im Fell.
Das Lungenperkussionsfeld ist mitunter sehr stark erweitert, insbesondere im mittleren Bereich.
 

Behandlung:
Akute, lebensbedrohliche Lungenemphyseme sind eine Indikation für den versuchsweisen Einsatz von Glukokortikoiden in Lösung in hoher Dosierung. Außerdem sind Bronchospasmolytika indiziert, derzeit [2013] jedoch keine für die Anwendung beim Rind zugelassene verfügbar..
 

PubMed
 
  


Letzte Änderung: 29.09.2013


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