Wichtigste Funktion des Atmungsapparates ist die Oxygenierung des Blutes.
Daher gibt die Messung der O2-Sättigung des arteriellen
Blutes die beste globale Information über die Funktion des Atmungsapparates,
ist aber (bisher) in der ambulanten Großtierpraxis nicht verfügbar
(auch unter Klinikbedingungen nicht oft praktiziert).
Weitere Funktionen: Regulation des Säuren-Basenhaushaltes und
des Wärmehaushaltes.
Adspektion
Nasenausfluss
Kombinationen sind möglich. Leichter wässriger Nasenausfluss ist bei Rindern häufig zu beobachten.
Stridores
Aus der Ferne wahrnehmbare atmungssynchrone Geräusche. Ursache: Stenosen
(Verengungen) der oberen Luftwege durch Schwellungen, Zubildungen oder
Sekretansammlungen.
Bei Schniefen und anderen Stridores: Prüfung auf Einseitigkeit durch Zuhalten eines Nasenloches. Verschwindet das Nebengeräusch, entsteht es vermutlich einseitig kranial des Kehlkopfs.
Schnarchen entsteht meist durch Verengung im Pharynxbereich (retropharyngealer
Abszess, Schwellung der retropharyngealen Lymphknoten).
Leichte Kompression des Pharynx mit den Fingerspitzen beider Hände
von lateral. Verschlimmert sich das Nebengeräusch und/oder wird die
Atmung unterbrochen, spricht das für den Pharynxbereich (Rachen) als
Ursprung des Nebengeräusches.
Röcheln: lautes tonhaftes Nebengeräusch, bei der Inspiration, entsteht meist im Kehlkopf (Larynx). Auskultation (!). Die Atmung wird dabei meist schon durch leichte Kompression des Larynx unterbrochen. Nähere Untersuchung durch Endoskopie möglich, am einfachsten durch ein Röhrenspekulum. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, weil die betroffenen Tiere einen Erstickungsanfall bekommen können, der u.U. eine Not-Tracheotomie erforderlich macht (s. Skript zur Vorlesung).
Tracheale Brumm- oder Pfeifgeräusche
Husten (feucht, trocken) ist ein reflektorisch gesteuerter Vorgang,
der jedoch willkürlich ausgelöst oder auch unterdrückt werden
kann. Die Rezeptoren sitzen in der Schleimhaut und kommen vom Larynx bis
zu den Bronchioli respiratorii vor. Daneben gibt es auch noch Rezeptoren
in der Pleura. Die afferenten Fasern verlaufen in verschiedenen Nerven
zum Hustenzentrum in der Medulla oblongata. Die efferenten Fasern verlaufen
im N. vagus, N. phrenicus sowie in den Spinalnerven zu den Muskeln am Larynx
und Zwerchfell, zu den Interkostalmuskeln und zur Bauchmuskulatur. Bei
Virusinfektionen des oberen Atmungsapparates und bis zu sieben Wochen danach
tritt Husten gehäuft auf. Der Grund liegt möglicherweise darin,
dass durch die verursachten Epithelschäden die Rezeptoren weniger
geschützt und dadurch leichter zu irritieren sind. Auslösung
von Husten durch Kompression der Trachea ist beim Rind nicht üblich.
Atemfrequenz s. allgemeine Untersuchung
Dyspnoe: (in der Humanmedizin vor allem durch subjektiv empfundenen Lufthunger, in der Veterinärmedzin durch beobachtbare Abweichungen in Rhythmus und Tiefe definierte) Störung der Atmung
Perkussion des Lungenfeldes: (immer mit Leberperkussion verbinden)
Allgemeines: In geräuschvoller Umgebung schwierig. Finger-Finger-Perkussion hat den Vorteil, dass die Unterschiede in den ausgelösten Vibrationen auch gespürt werden können, und die dazu nötigen "Instrumente" meist "zur Hand" sind.
Ziel der Perkussion ist die Feststellung der Ausdehnung des Lungenperkussionsfeldes sowie von Dämpfungsbereichen.
Technik: Die Perkussion erfolgt rechts, weil links der Pansen mitunter einen ähnlichen Perkussionsschall ergibt wie die Lunge, also die kaudale Begrenzung des Lungenperkussionsfeldes nicht einfach festzustellen ist, während das Lungenfeld rechts kaudodorsal normalerweise durch das Leberperkussionsfeld (mit deutlicher Dämpfung des Schalles) eindeutig begrenzt wird. Außerdem kann ein voller Pansen das Lungenfeld links einengen.
Videosequenz, 11 Sek., 1,7 MB In der Sequenz wird die Technik der Finger-Finger-Perkussion gezeigt. Man beachte, dass die perkutierende Hand locker aus dem Handgelenk schwingt. Der perkutierte Finger wird fest auf die Unterlage aufgelegt.
Videosequenz, 12 Sek., 1,9 MB In der Sequenz wird die Technik der Perkussion mittels Plessimeter und Perkussionshammer gezeigt. Man beachte, dass die perkutierende Hand locker aus dem Handgelenk schwingt. Das Plessimeter wird fest auf die Unterlage aufgelegt.
Begrenzung des Lungenperkussionsfeldes:
dorsal: lateraler Rand des M. longissimus dorsi
kranial: Skapula, Ankonäenwulst, Ellenbogenhöcker
kaudal: im leichten Bogen vom oberen Ende des vorletzten (11.) Interkostalraums,
zu einem Punkt knapp oberhalb des Ellbogenhöckers.
Perkussionsschall dringt nur etwa 7 cm tief ein und "erfasst"
Verdichtungen ab etwa Faustgröße.
Normaler Perkussionsschall über der Lunge ist voll und laut.Vergrößerungen des Lungenperkussionsfeldes sprechen sehr für Lungenemphysem (dann meist auch exspiratorische Dyspnoe und Weitgestellung der Nasenöffnungen). Verkleinerungen des Lungenperkussionsfeldes treten auf bei Erhöhung des abdominalen Drucks mit "Zwerchfellhochstand" (Hochträchtigkeit, Tympanie, Pansenüberladung und anderen Erkrankungszuständen mit erheblicher Vermehrung der Füllung des Abdomens).
Es genügt im Allgemeinen, wenn entlang weniger Linien perkutiert wird:
Zur Nomenklatur der (physiologischen) Atemgeräusche und (pathologischen) Atemnebengeräusche.
Es sollen drei Qualitäten von Atemgeräuschen unterscheidbar sein:
Atemnebengeräusche:
Tonsequenz,
12 Sek., 0,3 MB In der Tonsequenz sind zeitweise
atemsynchrone Plätschergeräusche hörbar (Kuh mit jauchiger
Pleuritis).
Danach werden folgende Kriterien beurteilt:
Ein unauffälliger Befund wäre dann etwa 0/++-/-/- ,während mit 5/+++/++-/+++ (Röhrenatmen bds. 50 %) ein offensichtlich hochgradig krankhafter Befund dokumentiert wird.
Weiterführende Untersuchungen:
Untersuchung von Kotproben auf Lungenwurmlarven (bei negativem Befund, aber begründetem Verdacht, auch mehrmals).
Sonographie des Pleuraraumes: Vorteil liegt in der Möglichkeit, Abszesse zu erfassen, welche prognostisch bedeutsam sind.
Video, 19 Sek., 3,0 MB In der Sequenz ist die Ultraschallaufnahme der Lunge bei einer gesunden Kuh zu sehen. Durch die Luft in der Lunge sind physiologischer Weise fast keine Echos erkennbar. Die parallell zur Körperoberfläche verlaufenden Linien sind sogenannte 'Reverberationsartefakte'.
Video, 57 Sek., 8 MB In der Videosequenz wird die Ultraschallaufnahme des Lungenfeldes bei einer Kuh mit jauchiger Pleuritis gezeigt. Im 1. Teil der Sequenz sind 'Kometenschweif'-Artefakte sichtbar. Diese rühren von Fibrinauflagerungen auf der Pleura her, sie bewegen sich atemsynchron. Der Pleuraspalt ist hier nur wenig erweitert. Im 2. und 3. Teil ist ein stark erweiterter Pleuraspalt erkennbar. An der ausgemessenen Stelle beträgt der Abstand zwischen parietalem und viszeralem Blatt 20,1 mm. Im 4. Teil sind im stark erweiterten Pleuraraum eiweißreiche Flüssigkeit (leicht echogen) und Fibringerinnsel (stark echogen), die in der Flüssigkeit flottieren erkennbar.
Punktion des Pleuraraumes:
Nur in begründeten Fällen anzuwenden (atemsynchrone Blubber-
und/oder Plätschergeräusche), um die Diagnose "Pleuraerguss"
abzusichern.
Video,
27 Sek. 5,2 MB In der Videosequenz wird die
Punktion des Pleuraraumes bei einem Rind mit jauchigem Erguss gezeigt.
Aus der Punktionskanüle läuft übelriechendes Sekret ab.