Das Wichtigste in Kürze
Erreger der IBR (BoHV1.1), der IPV und IBP (BoHV1.2); BHV1.3 verursacht Enzephalitiden. IBR kommt weltweit vor. Nach Infektion mit BoHV1.1 beim Rind häufig klinisch inapparenter Verlauf. Symptomatik klinisch manifester Verläufe: Fieber, Dyspnoe, Tachypnoe, zunächst seröser, z.T. blutiger, später schleimig-eitriger Nasenausfluss. Schniefen. Auf Nasen- und Trachealschleimhaut entwickeln sich Pusteln und schließlich Plaques diphtheroider Membranen. Leistungsrückgang. Bei erwachsenen Rindern selten Todesfälle, bei neugeborenen Kälbern meist tödlicher Verlauf. Abklärung durch Virusnachweis in Nasentupfern. Nach der akuten Phase Viruspersistenz in Ganglien. Reaktivierung mit oder ohne nochmalige Erkrankung und Virusausscheidung möglich. Intranasale "Notimpfung" noch nicht klinisch erkrankter Tiere mit Lebendimpfstoff sind möglich, jedoch kann keine Impfung Viruspersistenz nach Feldvirusinfektion sicher verhindern. Aus handelspolitischen Gründen EU-weites Bekämpfungsprogramm. Ziel ist die Schaffung und Erhaltung BHV1-freier und serologisch negativer Bestände. Die BHV1-Infektion ist anzeigepflichtig. Geimpft werden darf nur unter bestimmten Bedingungen und mit einem gendeletierten Markerimpfstoff. |
Prüfungsstoff
Erreger | Behandlung |
Epidemiologie | Bekämpfungsprogramm |
Klinische Symptomatik |
Erreger:
Bovines Herpesvirus-1.1 (kann auch selten Enzephalitis verursachen).
Der Erreger von IPV (Infektiöse pustulöse Vulvovaginitis) und
IBP (Infektiöse Balanoposthitis) wird als BoHV-1.2 bezeichnet. (Der Gewebetropismus von BoHV-1.1 und 1.2 wird nach neueren Untersuchungen in Frage gestellt.) BoHV-1.3
(oder BoHV-5) verursacht Enzephalitis.
Epidemiologie:
IBR gibt es praktisch in allen Ländern mit Rinderhaltung. Hinweise
für Infektionen bei Menschen (Antikörper) gibt es bisher keine. Die
Übertragung erfolgt meist direkt, kann aber auch indirekt über Vektoren
(Personen, Kleidung, Gerätschaften, Instrumente) erfolgen.
Es gibt auch Hinweise, dass Spuren von BoHV1-Vakzinen an Impfbestecken bei den später damit geimpften Rindern zu Serokonversion gegen B0HV1 führen können (Merkblatt der [ehemaligen] Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere).
In Kolostrumersatzpräparaten, welche auf der Basis von Molkepulver
hergestellt werden, können Antikörper gegen BoHV1 enthalten sein, welche auf die mit
diesen Präparaten getränkten Kälber übergehen und dann zu fraglichen oder
positiven Ausfällen serologischer Untersuchungen führen können (Schreiben des
Bayerischen Staatsministeriums für GEV vom 27. 8. 2002).
Klinische Symptomatik:
Die meisten Infektionen mit dem BoHV1 verlaufen klinisch inapparent. Im Gegensatz
zu den meisten anderen respiratorischen Virusinfektionen geht eine klinisch
manifeste BoHV1-Infektion meistens mit Symptomen einher, anhand derer
sie relativ sicher erkannt werden kann.
Nach einer Inkubationszeit von 3 - 7 Tagen nach experimenteller Infektion oder 10 Tagen und mehr nach natürlicher Exposition zeigen sich Fieber, Dyspnoe, Tachypnoe, Nasenausfluss und Veränderungen an der Nasenschleimhaut, Rötung des Flotzmauls ("red nose"). Der Nasenausfluss ist zunächst serös, zum Teil bluthaltig, und wird später schleimig-eitrig. Es besteht Schniefen. Auf der Nasen- und Trachealschleimhaut entwickeln sich Pusteln und schließlich Plaques diphtheroider Membranen. In schweren Fällen kann die gesamte Trachea mit einer dicken Schicht ausgekleidet sein. Bei Kühen starker Rückgang der Milchleistung.
rote
Nase ("red nose")
weißliche Beläge auf der Nasenschleimhaut und mukopurulenter
Nasenausfluß
Todesfälle sind bei unkomplizierter IBR unter erwachsenen Rindern relativ selten. Unter Jungrindern gibt es eine ausgeprägte Variation in der Schwere des Verlaufes. Schwere Verlaufsformen können für Mastrinder verheerend sein. Bei neugeborenen Kälbern verläuft IBR meist tödlich.
Das Virus zieht sich nach der akuten Phase der Infektion in Ganglien
(z.B. des N. trigeminus) zurück, wo es lebenslang verbleiben kann
(Herpes-Virus!). Während dieser Latenz kann es mit herkömmlichen
virologischen Methoden nicht nachgewiesen werden. Die betroffenen Rinder
haben jedoch meist serologisch nachweisbare Antikörper. Ausnahmen
sind möglich (siehe unten). Bei Stress oder nach Applikation
von Glukokortikoiden kann es zu einer Reaktivierung des Virus mit Virusausscheidung
kommen, wobei aber nicht jede Reaktivierung auch Reexkretion bedeuten muss.
Reexkretion kann schon 20 Tage nach der Primärinfektion stattfinden.
Sie kann schon ab etwa 24 Stunden nach Einwirkung des Reaktivierungsstimulus
nachgewiesen werden. Klinische Erscheinungen treten bei einer Reexkretion
im allgemeinen nicht auf. Ausnahmen sind jedoch möglich.
Behandlung:
In leichteren Fällen ist keine Behandlung notwendig, bei erheblicher
Behinderung der nasalen Luftpassage Nasenspülungen mit milden Desinfektionslösungen,
bei Verdacht auf Bronchopneumonie systemische Antibiose.
Die noch nicht klinisch manifest erkrankten Tiere eines betroffenen
Bestandes (oder einer hinreichend abgeschlossenen Stallabteilung) können
nach eindeutiger Abklärung (Virusnachweis in Nasentupfern; diese Tupfer
sollen einen langen Stiel haben, und die Proben müssen aus der Tiefe
des oberen Nasenganges genommen werden) einer "Notimpfung" (intranasale
Verabreichung von Lebendimpfstoff) unterzogen werden.
Bekämpfungsprogramm:
Hauptanliegen der EU ist es, Hemmnisse für den innergemeinschaftlichen
Handel abzubauen. Da zumindest DK, A und FIN als frei von IBR anerkannt sind, ist IBR ein solches Handelshindernis geworden, denn
anerkannt freie Länder und solche mit anerkannten Sanierungsverfahren
haben Anspruch auf besondere Zusatzgarantien, welche von den übrigen
Mitgliedsländern zu erfüllen sind. Drittländer orientieren
sich oft am EU-Markt und verlangen IBR-Freiheit für Importrinder,
auch wenn diese Länder nicht frei von IBR sind.
In Deutschland gilt aktuell die BHV1-Verordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom
20.Dezember 2005 (BGBl. I Nr.74 S. 3520ff; http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/bhv1v/gesamt.pdf).
Die Details dieser Verordnung werden im Fach "Staatliche Tierseuchenbekämpfung"
gelesen. Das Wichtigste des Bekämpfungsverfahrens in Kürze:
OIE: http://www.oie.int/fileadmin/Home/eng/Health_standards/tahm/2.04.13_IBR_IPV.pdf
Letzte Änderung: 17. 09. 2019
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