Anämie
W. Klee
Definition:
Mangel an zirkulierenden Erythrozyten
Ätiologie:
Thrombozytopenie ist die häufigste Ursache für Blutungsübel
beim Rind. Sie ist praktisch immer erworben, nur bei Simmental-Rindern
ist eine erbliche Thrombopathie beschrieben. Blutungen (Petechien oder
Ekchymosen, Nasenbluten, Hyphaema [Blutung in die vordere Augenkammer],
Hämaturie, Blutungen aus Injektionswunden) werden offensichtlich,
wenn die Zahl der zirkulierenden Thrombozyten deutlich unter 50000 pro
µl fällt.
Bei Kälbern wurde hämorrhagische Diathese auf der Basis von
Thrombozytopenie nach Infektion mit gewissen Stämmen von BVD-Virus
beschrieben.
Jungrind mit hämorrhagischer Diathese. Das Tier blutet lange Zeit aus Einstichstellen am Hals nach.
Wichtigste Differentialdiagnose zu primärer Thrombozytopenie als
Ursache für hämorrhagische Diathese ist die disseminierte intravasale
Gerinnung (Verbrauchskoagulopathie, DIC), welche bei Sepsis, bakteriell
bedingter Intoxikation oder nach massivem Trauma auftreten kann.
Hämolytische Anämien:
Intravasale Hämolyse (kann mit Ikterus
verbunden sein)
Blutparasiten
Babesiose
Eperythrozoonose (vermutlich nur bei Überlastung der Milz; Schaf)
Infektionen
Leptospirose
Intoxikationen
Kohl- und Raps-Vergiftung
"Chronische" Kupfervergiftung
Andere Ursachen
Postpartale Hb-Urie
Transfusions-Unverträglichkeit
Autoimmune hämolytische Anämien (beim Rind selten)
Extravasale Hämolyse (kein Ikterus!)
Blutparasiten
Anaplasmose
Eperythrozoonose (Schaf))
DIC (Erys werden
vom RES entfernt)
Hypoplastische Anämien:
Mangelkrankheiten
Kobalt und Kupfer
Eisen
Kalium
Chronische Krankheiten
Chronisch-eitrige
Prozesse (z.B. auch Endokarditis)
Farnvergiftung
Chronische Furazolidonvergiftung
starker Endoparasitenbefall
Klinische Erscheinungen:
Klinische Anzeichen treten erst auf, wenn der Hb-Gehalt des Blutes
auf 50 % der Norm absinkt. Erfolgt der Abfall langsam, kann ein Verlust
von 80 % überlebt werden. Ihre Ausprägung hängt vom Verlauf
ab. Bei starker Blutung: Blasse Schleimhaut, kühle Körperoberfläche,
Tachkardie, Tachypnoe, Schwanken, Zusammenbrechen. Der Hämatokrit
ist in diesem Fall meist normal. Bei chronischer Blutung und bei hypoplastischer
Anämie: Blasse Schleimhäute, erhöhte Infektanfälligkeit,
Entwicklungsstörung. Der Hämatokrit ist mehr oder weniger stark
erniedrigt. Bei intravasaler Hämolyse kommt es zu Fieber, Zittern,
Aufstellen der Haare und Hb-Urie, später zu Ikterus.
Therapie:
Hängt sehr vom Grundleiden ab.
Bei Kumarinvergiftung Vitamin K1 (!) 1 mg/kg zweimal täglich über
mindestens 5 Tage.
Siehe auch Blutübertragung
im Glossar.