Das Wichtigste in Kürze
Auftreten nach oraler Aufnahme toxischer Dosen von Nitrat, welches im Pansen durch Mikroorganismen zu Nitrit reduziert wird. Absorbiertes Nitrit führt über die Oxidation des Häm-Eisens zur Methämoglobinbildung und so zur anämischen Anoxie. Klinische Erscheinungen bei Nitrat-Vergiftung: gastroenterale Symptomatik (Speicheln, Durchfall, abdominaler Schmerz), bei einer Nitritvergiftung zeigen sich Dyspnoe, Muskelzittern, Schwäche, Taumeln, Zyanose, frequenter Harnabsatz, Aborte, Zusammenbrechen und plötzliche Todesfälle. Wichtigster Indikator einer Nitritvergiftung ist das schokoladebraune Blut. Die Diagnose erfolgt über den quantitativen Nitrat-Nachweis im Futter und die Nitrat- oder Nitritmessung im Blut. Das Ansprechen auf Methylenblau besitzt ebenfalls diagnostischen Wert. |
Prüfungsstoff
Ätiologie | Diagnostik |
Epidemiologie | Differentialdiagnosen |
Pathogenese | Therapie |
Klinische Erscheinungen | Prophylaxe |
Ätiologie:
Orale Aufnahme von toxischen Dosen von Nitrat.
In manchen Pflanzen (vor allem Gräsern, viel weniger Leguminosen)
wird unter bestimmten Bedingungen (Kalium-)Nitrat akkumuliert. Nitrat führt
zu Gastroenteritis. Nitrat wird von Pansenbakterien zu Nitrit reduziert.
Die minimale tödliche Dosis für Rinder beträgt etwa 600
mg K-Nitrat pro kg KM (ausgehend von 1,5 % K-Nitrat in der Trockensubstanz
wird dieser Wert bei einer Trockensubstanzaufnahme von 3,6-4 % der Körpermasse
erreicht, also etwa bei der Menge an Trockenmasse, die ein Rind täglich
aufnimmt) oder 100 mg Nitrit pro kg KM. Die tödliche Dosis für
Schafe beträgt 40 bis 50 mg Nitrit pro kg KM. Die Aufnahmerate (Masse
pro Körpermasse und Zeit) scheint der wichtigste Faktor zu sein.
Bei Angaben zu toxischen Dosen in der Literatur ist zu beachten, dass
unterschiedliche Bezugsgrößen verwendet werden.
Epidemiologie:
Die Häufigkeit der Diagnosen nimmt zu. Unklar ist, ob diese Tatsache
eine echte Steigerung der Inzidenz widerspiegelt.
Bei stärkerer Düngung nimmt die Inzidenz von Nitrat-Nitrit-Vergiftung
zu.
Die üblichen Quellen von toxischen Dosen sind bestimmte Pflanzen
(z.B. Hafer, Zuckerrüben, manche Gräser) und Trinkwasser.
Risikofaktoren: Hohe Nitratkonzentrationen im Boden sind meist Folge
exzessiver Düngung (Gülle, Klärschlamm). Hohe Nitratkonzentrationen
in Pflanzen können auch auftreten, wenn das Pflanzenwachstum aus irgendeinem
Grund gehemmt wird. (Es akkumuliert unter diesen Umständen Nitrat,
das sonst in Eiweiß eingebaut worden wäre. Es gibt auch einen
Tagesrhythmus in der Akkumulation: die Nitratkonzentration ist am frühen
Morgen am höchsten, weil die Pflanzen über Nacht Nitrat aufgenommen
haben, und am Abend eines sonnigen Tages am niedrigsten, weil über
Tag Energie für die Eiweißsynthese zur Verfügung steht.)
Ab 1,5 % K-Nitrat in der Trockensubstanz sind Intoxikationen möglich,
besonders bei Stallfütterung. Konzentrationen bis 20 % kommen vor.
Silagen enthalten weniger Nitrat als die frische Ausgangssubstanz, Heu
enthält jedoch praktisch unverändert viel Nitrat.
Wasser aus tiefen Brunnen kann 1.700 bis 3.500 ppm, Kondenswasser in
Ställen kann 8.000 bis 10.000 ppm Nitrat (aus Ammoniak) enthalten.
Wasser mit 200 bis 500 ppm kann für Rinder und Schafe toxisch sein.
Tägliche Dosen von 150 mg K-Nitrat pro kg führen nach drei bis
13 Dosen zum Abort.
Die deutsche Trinkwasserverordnung lässt einen Nitratgehalt
bis 50 mg/L Wasser (= 50 ppm) zu.
Pathogenese:
Nitrat wird im Pansen zu Nitrit reduziert. Absorbiertes Nitrit führt
über die Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ zu Bildung
von Methämoglobin und dies wiederum zu anämischer Anoxie. Die
Konzentration von Met-Hb erreicht ca. fünf Stunden nach der Aufnahme
von Nitrat ihr Maximum. 90 g Met-Hb pro Liter Blut sind bei Rindern tödlich
(1,2 bis 2,0 g pro Liter sind normal), das entspricht einem Met-Hb-Anteil
von etwa 80 %.
Met-Hb wird durch eine Reduktase zu Hb reduziert. Da bei Feten dieses
Enzym nur wenig aktiv ist, reagieren sie empfindlicher. Daher können
bei Rindern, die ansonsten keine Krankheitserscheinungen zeigen, Aborte
auftreten.
Klinische Erscheinungen:
Nitratvergiftung: Speicheln, Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen.
Nitritvergiftung: Dyspnoe, Tachypnoe, Muskelzittern, Schwäche,
Taumeln, Zyanose, häufiger Harnabsatz, Schreien, Zusammenbrechen,
Abort, plötzliche Todesfälle. Das Blut ist kaffeebraun und gerinnt
schlecht.
Diagnostik:
Quantitativer Nachweis von Nitrat im Futter, Messung von Nitrit oder
Nitrat im Blut zu Lebzeiten (Diphenylamin-Test). Im Kammerwasser bleibt
die Konzentration bis etwa 24 Stunden post mortem stabil.
Von diagnostischem Wert ist auch das Ansprechen auf die i.v. Applikation
von Methylenblau.
Differentialdiagnosen:
Weideemphysem, Anaphylaxie, Cyanid-Vergiftung
Therapie:
Methylenblau 1 - 2 mg/kg in 1 %iger Lösung i.v.; ggf. Wiederholung
nach 6 - 8 Stunden (CAVE: Arzneimittelrecht !)
Reichlich Kohlenhydrate anbieten (verringerte Nitritanhäufung
durch raschere Verstoffwechselung zu Ammoniak).
Prophylaxe:
Grünfutter sollte weniger als 1 % K-Nitrat in der TS haben. Müssen
Chargen mit potentiell toxischen Konzentrationen verfüttert werden,
müssen sie mit anderem Grundfutter verschnitten werden.