6 Blutbild
6.1 Rotes Blutbild („Erythron“)
6.1.1 Erythrozyten
Physiologie und Pathophysiologie
Indikationen zur Bestimmung
Bestimmungsmethoden
Die Zahl der Erythrozyten pro Volumeneinheit kann in einer Zählkammer oder mithilfe eines Zellzählgerätes („Counter“) entweder nach der Impedanz- oder nach der Streulichtmethode bestimmt werden. Da die Erythrozyten bei verschiedenen Tierarten unterschiedlich groß sind, müssen die Schwellenwerte an den Geräten entsprechend eingestellt werden.
Referenzbereich (der Klinik für Wiederkäuer)
5 - 8 M/µL oder 5 - 8 T/L
6.1.2 Hämoglobin
Die Konzentration von Hämoglobin wird fotometrisch bestimmt.Referenzbereich der Klinik: 10 – 13 g/dL oder 6,2 – 8,7 mmol/L (als Molekül wird hier jede der 4 Untereinheiten mit MG von etwa 16.130 angesehen).
6.1.3 Hämatokrit
Bestimmungsmethoden: Zentrifuge oder Zellzählgerät
Referenzbereich: 0,30 – 0,36 (oder 30 – 36 Vol.%)
Im Gegensatz zu den Verhältnissen beim Menschen haben männliche Rinder keinen höheren Hämatokrit als weibliche.
Interpretation von Abweichungen
Erhöhungen des Hämatokrits sind so gut wie immer auf Dehydratation zurückzuführen. Der Grad der Dehydratation lässt sich aber zumindest bei Kälbern anhand einer einmaligen Bestimmung des Hämatokrits nicht hinreichend sicher abschätzen, da die viele Kälber leicht anämisch sind und die Ausgangswerte naturgemäß nicht bekannt sind. Bei ihnen ist die klinische Beurteilung einfacher und besser.
Bei Reduktion des Plasmavolumens steigt die Konzentration von Gesamteiweiß relativ stärker an als der Hämatokrit. Der Hämatkrit steigt relativ umso stärker an, je niedriger der Ausgangswert war.
Die relative Reduktion des Plasmavolumens (und damit des Extrazellulärvolumens) (als Dezimalbruch) kann nach folgender Formel berechnet werden.
RPV = (Htkb - Htka)/(Htkb - Hkta*Hktb)
Dabei ist Htka der als normal angesehene Hämatokrit und Htkb der bei einem dehydrierten Tier gemessene Hämatokrit.
Unter der Voraussetzung, dass das normale EZV 25 % der normalen Körpermasse ausmacht, kann die Körpermasse vor Eintritt der Dehydratation (KMa) nach folgender Formel berechnet werden:
KMa = KMb/(0,75 + 0,25*RPV)
Dabei ist KMa die Körpermasse des normal hydrierten Tiers und KMb die bei einem dehydrierten Tier gewogene Körpermasse.
Erniedrigung (Anämie)
Für den Begriff der Anämie werden verschiedene Definitionen angegeben. Meist sind sie quantitativ, z.B. Absinken des Hämatokrits, der Hb-Konzentration oder der Zahl der Erythrozyten pro Volumeneinheit unter bestimmte Grenzen. Mitunter wird aber die Fähigkeit des Blutes zur Versorgung der Peripherie mit Sauerstoff als Maßstab herangezogen.
Die primäre Einteilung der Anämien in regenerative und aregenerative nach dem Kriterium des Verhältnisses von Reticulozyten zu Erythrozyten hat sich weitgehend durchgesetzt, auch wenn dadurch eine gewisse Vermischung der Pathogenesen verbunden ist, denn sowohl bei hämorrhagisch als auch bei hämolytisch bedingter Anämie gibt es eine initiale Phase ohne Vermehrung der Reticulozyten
Anämie
Alternative Möglichkeiten der Einteilung sind nach der Erythrozytenmorphologie in mikro-, normo- und makrozytäre Anämien, oder nach der Hb-Konzentration der Erythrozyten in hypochrome oder normochrome Anämien. Darüber hinaus können Anämien nach dem Verlauf auch in akute und chronische eingeteilt werden.
6.1.4 Reticulozyten
6.2 Weißes Blutbild (Leukozyten)
Bestimmungsmethoden: Kammerzählung, Zellzählgerät
Differenzierung: Färbung und Mikroskopie. Automatische Differenzierung ist möglich.
Referenzbereich: 4 – 10 G/L
(Vorläufige!) Referenzbereiche der einzelnen Leukozytenfraktionen:
Stabkernige neutrophile Granulozyten : < 140 M/L
Segmentkernige neutrophile Granulozyten: 1,4 – 3,5 G/L
Lymphozyten: 3,15 – 4,55 G/L
Monozyten: < 280 M/L
Eosinophile Granulozyten: < 350 M/L
Basophile Granulozyten: < 140 M/L
Abgesehen von sehr starken Veränderungen der Zahl der Leukozyten, die Anlass zur Differenzierung geben sollten, sind die Veränderungen des weißen Blutbildes beim Rind in diagnostischer Hinsicht nicht sehr aussagekräftig.
Bei starker Erhöhung der Zahl der Granulozyten muss zwischen Granulozytose mit so genannter Kernlinksverschiebung (d.h. Auftreten von stabkernigen und jugendlichen neutrophilen Granulozyten) und ohne Kernlinksverschiebung differenziert werden. Erstere spricht für Infektionsgeschehen, letztere kommt bei Stress und BLAD vor.
Starke bis extreme Lymphozytose kommt bei enzootischer Leukose und bei sporadischen Leukosen vor.
Zu Beginn einer Sepsis tritt oft Leukozytopenie auf.
Eosinophilie kommt vor allem bei Parasitosen vor. Da eosinophile Granulozyten länger intakt bleiben als andere Granulozyten, kommt es bei älteren Blutproben zu einer scheinbaren Eosinophilie.
6.3 Thrombozyten
Bestimmungsmethode: Kammerzählung, Zellzählgerät
Referenzbereich: 0,2 – 0,8 M/µL = 0,2 – 0,8 T/L
Thrombozytopenie ist die häufigste Ursache für hämorrhagische Diathese beim Rind.