Tetanus
 
 W. Klee
 

 

Das Wichtigste in Kürze 

Ausgelöst durch Toxine von Clostridium tetani, einem ubiquitären, grampositiven sporenbildenden Anaerobier. Vorkommen bei allen Säugetieren, Pferde sind empfänglicher als Rinder. Inkorporation der Sporen über eine Wunde oder den Nabel. Vermehrung der Keime bei gerunger Sauerstoffspannung, Exotoxinbildung gegen Ende der Wachstumsphase. Inkubationszeit meist 1-2 Wochen. Symptome: Trismus, Vorfall des 3. Augenlids, Verhärtung der Muskulatur, Tympanie, steifer Gang, abgehaltener Schwanz, Festliegen in Seitenlage mit weit abgestreckten Gliedmaßen bei erhaltenem Bewusstsein. Tod durch Atemlähmung. Krämpfe können durch geringe Reize jeder Art ausgelöst werden. Diagnose klinisch. Differentialdiagnosen: Tetanie, Meningitis. Therapie bei Kälbern mit generalisiertem Tetanus und festliegenden Tieren nicht aussichtsreich. Antiinfektiva zur Abtötung der Keime, Minderung der Muskelspasmen durch Xylazin im Dauertropf nach Wirkung. Verhinderung von Komplikationen (Tympanie).

 
Prüfungsstoff
 
 

Ätiologie

Differentialdiagnosen

Epidemiologie

Therapie

Pathogenese

Prophylaxe

Klinische Erscheinungen

gesetzliche Vorschriften

Diagnostik

 

Ätiologie:
Exotoxine von Clostridium tetani, einem beweglichen, grampositiven, stäbchenförmigen Bakterium, das endständige Sporen bildet ("Tennisschlägerform").
 

Epidemiologie:
Der Erreger ist im Erdreich weit verbreitet und kommt auch in den Fäzes gesunder Rinder vor. Tetanus gibt es bei allen Säugetierarten er hat auch beim Menschen, vor allem in Afrika und Asien, erhebliche Bedeutung. Jährlich sterben etwa 500.000 Säuglinge (~ 1400/Tag) daran. Pferde sind empfänglicher als Rinder. 

Pathogenese:
Üblicherweise kommen die Sporen über eine Wunde oder über den Nabel in den Körper. Die Wunde muss nicht besonders entzündet sein. Mitunter ist aber keine Eintrittspforte (mehr) erkennbar. Unter anaeroben Bedingungen keimen die Sporen aus, die Keime vermehren sich und bilden gegen Ende der Wachstumsphase die Exotoxine Tetanospasmin (meist nur Tetanustoxin genannt), Tetanolysin und ein nicht spasmogenes Toxin sowie ein Neurotoxin. Tetanustoxin verteilt sich im Körper über die Zirkulation und bindet an die neuronale Endplatte, wird in die Motoneuronen aufgenommen und zentripetal ins Rückenmark und in den Hirnstamm transportiert. Dort verhindert es die Freisetzung inhibitorischer Neurotransmitter (Glycin und GABA). Da die Transportgeschwindigkeit in allen Nerven gleich ist, sind die von kurzen Nerven versorgten Muskeln zuerst betroffen (Kopfbereich).
Es wird auch diskutiert, dass C. tetani-Sporen im Blut kreisen und an Stellen mit erniedrigter O2-Spannung (z.B. nach stumpfem Trauma) auskeimen. Tetanolysin führt zu Gewebsnekrose und erleichtert damit das weitere Wachstum der Keime.
Zusammen mit den Botulinustoxinen, denen es in der molekularen Struktur sehr ähnlich, in der Hauptwirkung jedoch entgegengesetzt ist, gehört Tetanustoxin zu den giftigsten bekannten Substanzen.
 

Klinische Erscheinungen:
Inkubationszeit variabel, meist 1-2 Wochen, manchmal länger.
Trismus, (beim Menschen "risus sardonicus" durch Krampf der Gesichtsmuskulatur), nach hinten gehaltene Ohren, Vorfall des dritten Augenlids (durch Krampf des M. retractor bulbi), steifer Hals, allgemeine Verhärtung der Muskulatur, Tympanie (Ösophagus ist beim Rind in ganzer Länge quergestreifte Muskulatur), Gang steif, Abhalten des Schwanzes ("Pumpenschwengel"), Festliegen in Seitenlage mit waagrecht ausgestreckten oben liegenden Gliedmaßen, Atemlähmung, Tod. Das Bewusstsein ist stets erhalten, und die Krämpfe, welche durch geringe akustische, optische oder taktile Reize ausgelöst werden können, sind schmerzhaft.

Video, 32 Sek., 5,1 MB  In der Videosequenz werden gezeigt: staksiger Gang (bes. an den Hinterbeinen sichtbar), Vorfall des 3. Augenlides, Dauerkrampf der Kiefer- und Ohrmuskulatur, Tympanie, Druckproben zur Erkennung des Krampfes der Rückenmuskulatur, erhöhter Schwanztonus.

Aktivität von CK im Serum ist erhöht, Hyperglykämie.

Diagnostik:
Tetanus ist eine klinische Diagnose, die post mortem nicht gesichert werden kann. Sie ist in ausgeprägten Fällen mit hinreichender Sicherheit zu stellen.
 

Differentialdiagnosen:
Tetanie, Meningitis, (Strychninvergiftung).
 

Prognose:  
Bei Kälbern mit generalisiertem Tetanus wenig aussichtsreich, ebenso bei bereits festliegenden Tieren.

Therapie:
Die Therapie hat folgende Ziele: Toxinelimination (s. u.), Abtötung der Keime, Minderung der Muskelspasmen, Verhinderung von Komplikationen (Tympanie, Aspirationspneumonie), Sicherung der Nährstoffzufuhr.
Toxinelimination: Erkennbare Wunden sollten soweit möglich chirurgisch saniert, zumindest aber mit H2O2 3 % gespült werden. Antitoxin (kommerziell erhältlich) bindet nur freies Toxin, nicht mehr solches, das schon an Nerven gebunden ist. Außerdem ist es sehr teuer.
Abtötung der Keime: Penicillin über einige Tage. Von manchen Autoren werden Tetrazykline oder Erythromyzin vorgezogen, weil Penicillin eine anti-GABA-Wirkung hat.
Minderung der Muskelspasmen: Xylazin in einem Dauertropf  (mit 10 Liter isotoner NaCl-Lösung) nach Wirkung. Angestrebt werden sollte, dass das Rind noch stehen und fressen kann. Für ein (fast) erwachsenes Rind kann als Richtwert eine Tagesdosis von etwa 200 mg Xylazin angenommen werden. Diazepam wird in der Humanmedizin wegen seiner GABA-Aktivität zur Krampflösung bevorzugt, ist aber in D für lebensmittelliefernde Tiere nicht zugelassen. Daneben wird in der Humanmedizin das zentrale Muskelrelaxans Baclofen eingesetzt.
Verhinderung von Komplikationen und Sicherung der Nährstoffzufuhr: Bei Tympanie ist der Einsatz eines Schraubtrokars oder das Anlegen einer Pansenfistel indiziert, durch die auch Flüssigkeit und Nährstoffe verabreicht werden können.
 

Prophylaxe:
Tetanus kommt beim Rind nur vereinzelt vor. Daher ist eine generelle Impfung kaum wirtschaftlich. Überstehen der Erkrankung führt nicht zur Immunität, da die zur Auslösung der Krankheit ausreichende Dosis an Tetanustoxin nicht immunogen ist.
Vorschriftsmäßige Impfung ist für Menschen jedoch sehr empfehlenswert.
 

§:
Verwendung des Fleisches zum menschlichen Verzehr kommt nicht in Frage.
 

PubMed
 
 

 



Letzte Änderung: 25.04.2017



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