Das Wichtigste in Kürze
Verursacht durch das Borna Disease Virus, Familie Bornaviridae. Erkrankungen meist auf Endemiegebete beschränkt. Verschiedene Tierarten betroffen, häufiger Pferde und Schafe, selten Rinder. Inkubationszeit Monate. Infektion und Persistenz vor allem im ZNS, aber auch in Granulozyten und Epithelien. Läsionen im ZNS in Form einer nichteitrigen Enzephalomyelitis. Symptome bei Rindern: Absondern von der Herde, Verhaltensänderungen, Depression, Leerkauen, z.T. gesteigerter Bewegungsdrang. Im Endstadium Festliegen mit Ruderbewegungen. Dauer der Erkrankung 1-20 Tage. Sicherung der klinischen Diagnose problematisch (am sichersten durch Nachweis von Virus im Gehirn). Differentialdiagnosen: andere zentralnervöse Erkrankungen. Keine Therapie und keine Prophylaxe möglich. |
Prüfungsstoff
Erreger | Diagnostik |
Epidemiologie | Differentialdiagnosen |
Pathogenese | Therapie |
Läsionen | Prophylaxe |
Symptomatik |
Erreger:
Borna Disease Virus (BDV), Familie Bornaviridae, Ordnung Mononegavirales.
Nichtsegmentierte einsträngige negativ-RNS.
Die Nomenklatur ist im Fluss, da immer wieder Bornaviren entdeckt werden, die sich von den bisher bekannten unterscheiden.
Epidemiologie:
Der Name kommt von einer Kreisstadt in Sachsen,wo es 1885 einen Ausbruch unter Kavalleriepferden gab.
Epidemiologie: Ausbrüche wurden in verschiedenen Ländern beschrieben; nach Ansicht einiger Forscher handelt es sich aber bei Nachweisen außerhalb von Zentraleuropa wahrscheinlich um Laborkontaminationen. Dagegen ist das Vorkommen von Antikörpern gegen das BDV (oder genetisch sehr verwandter Viren) bei Menschen und Tieren in verschiedenen Ländern nachgewiesen. Breites Wirtsspektrum: Pferde, Schafe, Ratten, Katzen, Hunde, Rind (bisher nur wenige Fälle beschrieben), Tauben, Wassergeflügel, Mensch. In verschiedenen deutschen Bundesländern wurde aus Bunthörnchen (Sciurus variegatoides) und Spezies der Unterfamilie Callosciurinae ein Bornavirus isoliert (VSBV-1; ProMED Digest, Vol 45, Issue 12),ebenso aus erkrankten und verstorbenen Menschen, die engen Kontakt zu Bunthörnchen hatten.
Die Inzidenz unter Pferden und Schafen ist in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Manche Forscher vermuten ein Virus-Reservoir in Wildnagern (z.B. Ostschermaus; Arvicola amphibius oder die Rötelmaus Myodes glareolus). Auch die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon) kommt als Reservoir in Frage.Es gibt altbekannte Borna-Endemiegebiete (Pferde). Antikörper gegen BDV scheinen bei gesunden Schafen weit verbreitet zu sein. Auch bei gesunden Rindern können Antikörper und BDV-RNA nachgewiesen werden. Bornasche Krankheit nur bei Rindern wurde bisher in D, CH und Japan beschrieben. Die Wege der natürliche Übertragung sind nicht gesichert.
Inkubationszeit: Monate. Morbidität 0,5 bis 5 %. Letalität bis über 90 %.
Die Inzidenz zeigt saisonalen Rhythmus, mit einem Anstieg im Frühjahr bei Pferden und im Herbst/Winter bei Katzen. Bei Katzen verursacht BDV "staggering disease". Bei Psittaciden verursacht Aviäres Bornavirus (ABV) tödlich verlaufende Dilatation des Proventriculus.
Die Rolle von BDV beim Menschen wird noch kontrovers diskutiert. Manche Autoren ziehen die Existenz eines humanen BDV in Frage, weil die meisten Isolate fast identisch mit Labor-Stämmen sind (s.o.). Antikörper werden gehäuft bei Menschen mit gewissen Formen von Depression und beim Chronic fatigue syndrome (CFS) festgestellt. Eine Meta-Analyse ergab eine signifikante Korrelation zwischen Depression und Infektion mit Borna-Virus (neben vier anderen Erregern).
Während experimentell infizierte Labortiere große Mengen an infektiösem Virus
(mit dem Urin) ausscheiden, ist bisher kein infektiöses Virus aus Sekreten von
erkrankten Pferden und Schafen isoliert worden.
Pathogenese:
BDV infiziert vor allem das ZNS (und persistiert dort, wobei es seine eigene Vermehrung zu bremsen scheint), aber auch Granulozyten
und Epithelien. Bei immunsupprimierten Labortieren kommt es trotz massiver
Infektion nicht zu nachweisbaren Schäden oder klinischer Erkrankung, was dafür
spricht, dass es sich bei der Erkrankung um ein immunpathologisches Geschehen
handelt. BDV kann nach Infektion sein Genom in das Wirtsgenom integrieren.
Im Genom von Nicht-Vertrebraten und Vertebraten wurden so genannte "endogenous borna-like (EBL) Elemente gefunden, was als Hinweis darauf interpretiert wird, dass Infektionen mit Borna-Viren vor langer Zeit stattgefunden haben und möglicherweise auch die Evolution der "Wirte" beeinflusst haben.
Läsionen:
Nichteitrige Meningoenzephalomyelitis, vor allem der grauen Substanz des Großhirns
und des Stammhirns mit eosinophilen Joest-Degen'schen Einschlusskörperchen.
Symptomatik:
Absondern von der Herde, Verhaltensveränderungen (bei Schafen
z.T. Aggressivität gegenüber Hütehunden), Teilnahme an der Umgebung herabgesetzt, Kopfschiefhaltung, Leerkauen oder "Pfeifenrauchen"
(d.h., es wird ein Bissen nicht zu Ende gekaut und abgeschluckt, sondern hängt
teilweise aus der Maulspalte heraus), z.T. gesteigerter
Bewegungsdrang (auch mit Kreisbewegungen), Hyperästhesie, Zittern,
Inkoordination. Im Endstadium Festliegen mit Ruderbewegungen. Erkrankungsdauer
1-20 Tage.
Seropositive Kühe brauchten mehr Besamungen; ihre Zwischenkalbezeiten waren daher länger als bei seronegativen Kontrollen.
Video,
21 Sek., 3,3 MB Die Sequenz zeigt ein Schaf
mit Vorwärtsdrang (das Tier drängt zum Futtertrog) und Kreisbewegungen.
Es nimmt keine Notiz vom eigenen Lamm und hat ein Büschel Stroh im
Mund, ohne zu kauen.
Diagnostik:
Antigennachweis im Gehirn
(Immunofluoreszenz) . Wie der Nachweis von BDV-AK zu interpretieren ist
(Immunität oder chronische Infektion), ist nicht eindeutig geklärt.
Differentialdiagnosen:
Listeriose, Morbus Aujeszky, CCN, Coenurusbefall, Gehirntumoren, eitrige
Meningitis, Tetanus, Tollwut, Trächtigkeitstoxikose
Prophylaxe:
Keine. Früher gab es einen Impfstoff.