M. Metzner
Das Wichtigste in Kürze Durch Arthropoden übertragene Infektion mit SB-Virus, einem Orthobunyavirus. Die Übertragung erfolgt vermutlich durch Insekten (Gnitzen und Stechmücken). Es erkranken Rinder, Schafe und Ziegen. Während der akuten Infektion besteht die Hauptsymptomatik beim Rind aus Fieber, Durchfall und Milchrückgang; die Infektion kann aber auch symptomlos verlaufen. Die Infektion des Fetus kann zum Abort, zu Mumifikation oder zu Missbildungen (Arthrogryposen, Torticollis und Hydrocephalus internus) führen. |
Erreger | Diagnostik |
Epidemiologie | Differenzialdiagnose |
Pathogenese | Therapie |
Klinische Erscheinungen | Prophylaxe |
Prognose | Bekämpfung |
Erreger:
Orthobunyavirus, das eine enge Verwandtschaft zu Viren der Simbu-Serogruppe
aufweist, zu der auch das Akabane-Virus gehört.
Epidemiologie:
Von ersten Fällen mit Fieber und Durchfall bei Milchkühen wurde im Sommer 2011
in den Niederlanden berichtet, im November 2011 traten gehäuft Fälle von
Missbildungen bei Lämmern auf.
Der Ort der Entdeckung ist in Deutschland durch das Friedrich-Löffler-Institut. Schmallenberg-Virus wurde bisher in den Niederlanden,
Deutschland, Belgien, Luxemburg, England, Frankreich und Italien bei Rindern,
Schafen und Ziegen
nachgewiesen.
Ob Wildwiederkäuer oder andere Spezies empfänglich für das Schmallenberg-Virus
sind, ist bisher nicht bekannt. Es ist bisher nicht geklärt, ob es sich um einen
Neueintrag dieses Orthobunyavirus handelt, oder ob es schon seit längerer Zeit
in Europa bei Wiederkäuern vorkommt.
Bei einem Neueintrag in naive Wiederkäuer-Populationen mit hoher Tierdichte ist
mit einer raschen Verbreitung und mit missgebildeten Lämmern und Kälbern zu
rechnen. Die Verbreitung erfolgt vermutlich in erster Linie durch Insekten (Gnitzen,
Stechmücken); eine horizontale Übertragung gilt als unwahrscheinlich. Welche epidemiologische Rolle die missgebildeten Kälber und Lämmer
spielen, ist unklar.
Ein Verdacht besteht, wenn
gehäuft Missbildung des Arthrogrypose-Hydranencephalie-Syndroms
(AHS) bei Kälbern und Lämmern auftreten.
Eine Übertragbarkeit auf den Menschen gilt als unwahrscheinlich.
Klinische Erscheinungen:
Keine oder nur milde Symptome bei akuten Infektionen von Rindern: Milchrückgang,
Fieber und Durchfall. Diese Symptome wurden besonders während der Vektor-aktiven
Zeit (April bis November) im Jahr 2011 beobachtet.
Eine
besondere Rolle spielt die Infektion des Fetus. Kommt es in einem vulnerablen
Stadium der Gravidität (in Analogie zu Akabane-Virus beim Schaf vermutlich
zwischen Tag 28 und 36 (56) und beim Rind wahrscheinlich zwischen Tag 75 und 110
(150)) zur Infektion, kann das Virus den Fetus infizieren und zu schweren
Schädigungen führen. Neben Aborten und mumifizierten Feten sind insbesondere
Früh- oder Totgeburten sowie die Geburt lebensschwacher, missgebildeter Lämmer
und Kälber typisch. Häufigste Missbildungen sind schwere Arthrogryposen,
Torticollis und Hydrocephalus internus. Das zentrale Nervensystem kann schwerste
Deformationen aufweisen. Insgesamt ist das klinische Bild dem von Infektionen
mit dem Akabane-Virus sehr ähnlich. Die durch die Viren der Simbu-Serogruppe
induzierten Missbildungen werden als „Arthrogrypose-Hydranencephalie-Syndrom
(AHS)“ bezeichnet.
In einigen Fällen kann es
sowohl bei akuten Infektionen als auch bei Neugeborenen zu Enzephalitiden in
unterschiedlichen Schweregraden kommen.
Ein Videopodcast der
Tierärztlichen Hochschule Hannover zum Thema Schmallenbergvirus bei Schafen vom
30.01.2012 findet sich bei
YouTube unter folgendem link:
http://www.youtube.com/watch?v=jtZ7kDTQWMM&context=C3e6c731ADOEgsToPDskLntvBLD0FiWTCXgVzBeYlu
Diagnostik:
Erregernachweis: erfolgt mittels real-time-PCR oder
Virusanzucht. Für den Erregernachweis während der akuten Infektion eignen sich Serum-
oder EDTA-Blutproben, die während der klinischen Phase (Fieber, Milchrückgang,
Durchfall) entnommen werden müssen (dies ist nur in der Vektorsaison von April
bis November zu erwarten).
Der Erregernachweis bei Feten, Aborten, Totgeburten sowie missgebildeten Lämmern
und Kälbern erfolgt vornehmlich aus Gehirnproben. Wenn möglich, sollten aber auch
Milz- und Blutproben, ergänzend auch Fruchtwasser und Mekonium, untersucht werden, da die Ergebnisse in den verschiedenen
Proben unterschiedlich ausfallen können. Auch bei typischen Missbildungen kann
mitunter kein Virus nachgewiesen werden. In diesen Fällen kann der Nachweis von
Antikörpern gegen das SBV den Verdacht erhärten (z.B.: aus Herzblut).
Indirekter Nachweis: der Antikörpernachweis erfolgt
aus Serum (besser als EDTA-Blut) mittels indirektem Immunfluoreszenz- und
Neutralisationstest. Bei Neugeborenen unbedingt vor der Kolostrumverabreichung
beproben.
Eine Infektion kann weitgehend ausgeschlossen werden, wenn das Muttertier
serologisch negativ ist, oder in der Frucht weder Virus- noch Antikörpernachweis
gelingt.
Differenzialdiagnose:
Rinder: MD, BKF, IBR, MKS; bei Missbildungen:
intrauterine BVDV-Infektion
Therapie:
Ätiologische Therapie ist gemäß der Natur des Erregers nicht
möglich. Antiphlogistika, Pflege und Verhinderung von bakteriellen
Sekundärinfektionen sind bei akut erkrankten Tieren sinnvoll.
Prognose:
Nach der akuten Infektion, die nur wenige Tage dauert, erholen sich die Tiere
wieder.
Nach intrauteriner Infektion: Bei
Prophylaxe:
Ein Impfstoff steht bisher nicht zur Verfügung.
Aus Tierversuchen mit dem Akabanevirus kann abgeleitet werden, dass nach einer
natürlichen Infektion eine belastungsfähige Immunität aufgebaut wird.
Bekämpfung:
Bisher gibt es nur die Möglichkeit das Infektionsrisiko durch die Verwendung
von gegen die Vektoren gerichteten Repellentien zu mildern.
Die Erkrankung ist meldepflichtig (Stand: Apr.
2012).