Das Wichtigste in Kürze
In der Humanmedizin bedeutende Infektionskrankheit. Erreger beim Rind Mycobacterium bovis und M. caprae. Übertragung durch Inhalation oder orale Aufnahme von Sputumtröpfchen sowie durch Aufnahme von kontaminiertem Trinkwasser oder Futter. Der Krankheitsverlauf lässt sich in 4 Stadien einteilen (Primärkomplex an Eintrittspforte und im regionären Lymphknoten - Miliartuberkulose infolge hämatogener Generalisation - isolierte Organtuberkulose nach Superinfektion oder endogener Reaktivierung - Spätgeneralisation und Niederbruch). Die klinischen Erscheinungen variieren abhängig von betroffenem Organ(-system): bei erwachsenen Rindern ist bevorzugt die Lunge, bei Kälbern der Rachenraum und/oder der Darm betroffen. Diagnostik: Tuberkulinisierung. Die regelmäßige Überwachung der Bestände mittels Tuberkulinisierung aller über 2 Jahre alten Rinder wurde in Deutschland angesichts der weitgehenden Tuberkulose-Freiheit 1997 abgeschafft. Tuberkulose bei Rindern ist eine anzeigepflichtige Seuche. Impfung und Behandlung sind verboten. Deutschland gilt offiziell als frei von Rindertuberkulose, auch wenn immer wieder kleinere Ausbrüche vorkommen, so in Bayern mit M. caprae. |
Prüfungsstoff
Erreger | Klinische Erscheinungen |
Epidemiologie | Diagnostik |
Pathogenese | gesetzliche Vorschriften |
Erreger:
Mycobacterium bovis. Andere Typen, so z.B. M. tuberculosis,
der Haupterreger der menschlichen Tuberkulose, kann zwar Rinder
infizieren, führt aber meist nicht zu Erkrankungen.
Beide Typen gehören zum so genannten Mycobacterium tuberculosis-Komplex (MTBC) und sind genetisch zu über 99 % identisch. In jüngerer Zeit werden Infektionen bei Rindern uch durch M. caprae festgestellt.
Epidemiologie:
Humanmedizinische Bedeutung: Bis nach dem 2. Weltkrieg war Tuberkulose
bei Menschen und Haustieren in Deutschland weit verbreitet. Infektion von
Menschen durch M. bovis war früher sehr häufig, wurde
aber meistens überstanden und führte zu einem gewissen Schutz
gegenüber einer Infektion mit M. tuberculosis.
Weltweit stellt die Tuberkulose auch heute noch eine Bedrohung für
die Menschheit dar. Es wird geschätzt, dass etwa 1/3 aller Menschen
infiziert sind. Ein Ausscheider steckt im Mittel 10 bis 15 weitere Menschen
an, was Neuansteckungen in der Größenordnung von etwa etwa einem
Prozent der Weltbevölkerung pro Jahr bedeutet. Stämme mit multipler
Resistenz gegen Antibiotika breiten sich aus, vor allem unter immungeschwächten
Menschen (HIV-Infektion!). Die WHO hat 1993 die Tuberkulose als globalen
Notfall ausgerufen (webpage: http://www.who.int/inf-fs/en/fact104.html).
In Deutschland waren nach dem 2. Weltkrieg etwa 60 % der rinderhaltenden
Betriebe befallen, von den größeren fast alle. Im Jahr 1952
wurde in Westdeutschland ein freiwilliges Bekämpfungsverfahren eingeführt.
Basis der Diagnostik war der intrakutane Tuberkulin-Test. Es wurden vom
Staat Ausmerzungsbeihilfen gewährt, und die Milch aus staatlich anerkannt
freien Betrieben wurde von den Molkereien besser bezahlt. Dieses Verfahren
war außerordentlich erfolgreich. Ende 1961 waren 99,7 % aller Betriebe
staatlich anerkannt Tbc-frei.
Deutschland gilt offiziell als frei von Rindertuberkulose.
Quelle von Neuausbrüchen sind öfters ältere Menschen,
die noch mit M. bovis infiziert sind.
Das Wirtsspektrum von M. bovis ist recht breit; so wurde der Erreger auch in Rot- und Schwarzwild nachgewiesen. Allerdings unterhält sich die Infektion anderer Tierarten meist nicht selbst. Ausahmen sind Dachse (Meles meles) in Großbritannien und Irland und Fuchkusus (Trichosurus vulpecula) in Neuseeland, was die Bekämpfung der Rindertuberkulose in diesen Ländern außerordentlich erschwert. In GB wird sogar über eine Zunahme der Herdenprävalenz von Rindertuberkulose
berichtet. Zootiere sind relativ häufig infiziert.
Bei in Gattern gehaltenen Hirschen kann Tuberkulose ein Problem werden.
Die Übertragung des Erregers erfolgt meist durch Inhalation oder
orale Aufnahme von Sputumtröpfchen oder durch Aufnahme von kontaminiertem
Trinkwasser oder Futter. In der Gülle kann der Keim etwa ein halbes
Jahr überleben.
Pathogenese:
Die Krankheit verläuft typischerweise in verschiedenen Stadien.
1. Stadium: Zunächst bildet sich an der Eintrittspforte
und, nach lymphogener Ausbreitung, im regionären Lymphknoten eine
entzündliche Veränderung, der sogenannte Primärkomplex.
Eine andere Bezeichnung ist Stadium der Erstinfektion. Je nach Abwehrkraft
des Organismus endet die Krankheit in diesem Stadium endgültig, oder
es besteht über mehr oder weniger lange Zeit der Zustand der relativen
Immunität. Sie ist gekennzeichnet durch Hyperergie gegenüber
dem Erreger, was sich diagnostisch in Form des Tuberkulin-Tests ausnutzen
läßt.
Zweites (oder subprimäres) Stadium: Bei Beeinträchtigun der
Abwehrlage kann es sofort oder später zur hämatogenen Generalisation
kommen. Diese kann zur sogenannten akuten Miliartuberkulose (massive Streuung)
oder nur zur Entstehung einzelner Knoten in verschiedenen Organen führen.
Auch in diesem Stadium kann eine klinische Abheilung erfolgen.
Durch endogene Reaktivierung oder massive Superinfektion kommt es zum
3.
Stadium (postprimäre Tuberkulose). Isolierte chronische Organtuberkulose
mit vorwiegend kanalikulärer Ausbreitung, also entlang anatomisch
vorgegebener Strukturen (z. B. Bronchien). Keine Beteiligung von Lymphknoten.
4. Stadium (Anergie oder Niederbruchsphase): Spätgeneralisation,
rasches Fortschreiten der Erkrankung unter Einbeziehung der Lymphknoten.
Klinische Erscheinungen:
Sehr variabel, da praktisch alle Organsysteme befallen werden können.
Im allgemeinen schleichender Beginn. Bei erwachsenen Rindern ist meist
die Lunge betroffen. Leistungsrückgang, Abmagerung, Fieberschübe,
matter Husten.
Bei Kälbern ist eher der Rachenraum und/oder der Darm betroffen.
Kaum klinische Erscheinungen zu erwarten.
Diagnostik:
Aufgrund der Tatsachen, dass die Prävalenz der Erkrankung und die Spezifität der initialen Symptomatik sehr gering sind,
wird die Infektion wohl kaum klinisch diagnostiziert werden, sondern durch
die Tuberkulinisierung.
Die Überwachung der Bestände stützte sich bisher auf
die regelmäßige Tuberkulinisierung (zur Durchführung s.
"weiterführende Informationen"). Diese wird heute noch alle drei Jahre
(in Ländern mit mehr als 0,2 % Neuausbrüche pro Jahr alle 2 Jahre)
bei allen über 2 Jahren allen Rindern durchgeführt, wurde aber
angesichts der weitgehenden Tuberkulosefreiheit in Deutschland abgeschafft
(Tuberkulose-V vom März 1997). Seither ist die Entdeckung von Neuerkrankungen
am ehesten am Schlachthof zu erwarten. Angesichts der Bestrebungen, die
sogenannte alternative Fleischbeschau einzuführen, ist hier jedoch
eine gewisse Skepsis angebracht.
Durchführung des
Tuberkulintests:
klinische |
Erscheinungen | ||
Zunahme der HFD |
|||
Gleichzeitiger Befall mit Leberegeln (Fasciola hepatica) soll zu falsch-negativen Ergebnissen Tuberkulintest führen können.
Neben dem Tuberkulintest gibt es auch noch andere diagnostische Verfahren, z.B. den Interferon-Gamma-Test und serologische Verfahren, die aber in D keine praktische Bedeutung haben. Die EU erkennt nur den intrakutanen Tuberkulintest als
offizielles Diagnostikum an (Anlage A zur Richtlinie 64/432/EWG). In Neuseeland,
Irland und neuerdings in GB wird auch der Interferontest verwendet, weil er sensitiver sein soll. Er beruht
darauf, dass mit Tuberkulin inkubierte T-Zellen tuberkulose-infizierter Rinder
Gammainterferon freisetzen.
§:
Tuberkulose-Verordnung:
http://www.gesetze-im-internet.de/rindtbv/BJNR009150972.html
(http://www.gesetze-im-internet.de/rindtbv/BJNR009150972.html)
Rindertuberkulose ist anzeigepflichtig.
Impfung und Behandlung sind verboten.
Berichte der EC über den Tierseuchenstatus der Mitgliedsländer
(+ CH und N):
http://ec.europa.eu/food/animal/liveanimals/porcine/final_report_2010_en.pd
Umfangreiche Dokumentation des britischen
Landwirtschaftsministeriums:
http://animalhealth.defra.gov.uk/about/publications/gvj/vol16-tbspecial.pdf