Das Wichtigste in Kürze
Auftreten bei Aufnahme toxischer Selendosen. In Deutschland hauptsächlich verursacht durch Überdosierung in Spurenelementmischungen oder durch Injektionen. Akute Selenvergiftung führt zu Myokardnekrosen mit akutem Herzversagen und verläuft meist tödlich. Klinisch stehen die Erscheinungen des Herzversagens und des Lungenödems im Vordergrund. Die Symptomatik ist unspezifisch. Bei chronischer Selenose kommt es zu Abmagerung, Haarverlust und Klauendeformationen. Bei akuter Intoxikation ist der Selenspiegel im Blut erhöht, chronische Selenose kann durch Bestimmung des Selengehaltes der Haare festgestellt werden. Keine Therapie bekannt. Bei Anwendung von selenhaltigen Präparaten empfiehlt sich die genaue Beachtung der Dosierungsanweisungen. |
Pathogenese:
Selenite und Selenate reizen die
Schleimhaut des Verdauungstraktes. Selenit wird nach Aufnahme in den Organismus
zum toxischeren Selenat oxidiert, welches Zellen oxidativ schädigt. Außerdem
verdrängt Se Schwefel aus schwefelhaltigen Aminosäuren. Selenocystein und
Selenomethionin sind giftig. Es entstehen auch flüchtiges Dimethylselenid
[Se(CH3)2], das nach Knoblauch riecht und mit der Atemluft
ausgeschieden wird, und Selenwasserstoff (H2Se), welcher Lungenödem
hervorruft.
Prüfungsstoff
Ätiologie | Diagnostik |
Epidemiologie | Therapie |
Pathogenese | Prophylaxe |
Symptomatik |
Ätiologie:
Selen ist als Bestandteil des Enzyms Glutathion-Peroxidase (GSH-Px),
wo es in Form von Selenocystein gebunden ist, essentielles Spurenelement.
In Synergismus mit Vitamin E schützt die GSH-Px Zellen vor oxidativen
Schäden (vgl. Vitamin E- und Selenmangel). Der Bedarf wird mit etwa
0,1 bis 0,3 ppm in der Futtertrockenmasse angegeben. Das entspricht etwa
3 bis 10 µg/kg Körpermasse und Tag bei einer Kuh.
Injektionen von Se als Selenit in einer Dosierung von 0,8 mg/kg sind
toxisch, solche mit der doppelten Dosis tödlich. Die therapeutische
Dosierung liegt bei 0,1 mg/kg Körpermasse.
Die Angaben über toxische Dosen sind in
verschiedenen Quellen unterschiedlich. Verwirrender Weise kommt hinzu, dass sie
manchmal auf Futtertrockenmasse, manchmal jedoch auf Körpermasse bezogen sind.
Im Folgenden wird bei Umrechnungen von einer täglichen Trockenmasse-Aufnahme von
3,6 % der Körpermasse ausgegangen. Aufnahme von Selen in einer Konzentration von
über 5 ppm in der Futtertrockenmasse (entsprechend etwa 0,2 mg/kg Körpermasse)
kann zu chronischer Selenose führen. Damit liegt die Untergrenze der Toxizität
mindestens um den Faktor 16 höher als der Bedarf. Konzentrationen von über 25
ppm (entsprechend etwa 1 mg/kg KM) rufen akute Selen-Vergiftung hervor.
Allerdings gibt es verschiedene Faktoren, welche die Giftigkeit von Selen
beeinflussen. Sie sind noch nicht in allen Einzelheiten bekannt. Verschiedene
Tierarten sind unterschiedlich empfindlich gegenüber erhöhter Se-Zufuhr.
Organische Se-Verbindungen sind toxischer als anorganische Verbindungen.
Epidemiologie:
Es gibt Pflanzen (z.B. Astralagus
spp. oder Oxytropis spp.), welche aus selenreichen Böden Selen in
sehr hohen Konzentrationen (1.000 bis 3.000 ppm, nach manchen Quellen bis
10.000; letzteres würde 1 % entsprechen) akkumulieren. Derartige Pflanzen kommen
in D jedoch nicht vor. Aber auch andere Pflanzen können bei entsprechendem
Selengehalt des Bodens Se-Konzentrationen bis zu 50 ppm aufweisen. In D, wo in vielen
Gebieten die Böden eher Se-arm sind, dürften jedoch eher versehentliche
Überdosierungen in Spurenelementmischungen oder durch Injektionen
Anlass zu Vergiftungen geben. Im Patientengut unserer Klinik wurde die
Krankheit bisher nicht diagnostiziert.
Pathogenese:
Selenite und Selenate reizen die
Schleimhaut des Verdauungstraktes. Selenit wird nach Aufnahme in den Organismus
zum toxischeren Selenat oxidiert, welches Zellen oxidativ schädigt. Außerdem
verdrängt Se Schwefel aus schwefelhaltigen Aminosäuren. Selenocystein und
Selenomethionin sind giftig. Es entstehen auch flüchtiges Dimethylselenid
[Se(CH3)2], das nach Knoblauch riecht und mit der Atemluft
ausgeschieden wird, und Selenwasserstoff (H2Se), welcher Lungenödem
hervorruft.
Akute Selenvergiftung führt zu Myokardnekrosen mit akutem Herzversagen
und verläuft meist tödlich. Nach längerer Aufnahme von überoptimalen
Se-Dosen verdrängt Se Schwefel in bestimmten Aminosäuren (Methionin,
Cystin und Cystein), was zur Beeinträchtigung der Qualität von
Keratin führt.
Symptomatik:
Bei akuter Selenose stehen die Erscheinungen des Herzversagens und
des Lungenödems im Vordergrund: plötzlicher Tod, Polypnoe, Dyspnoe,
Speicheln, Ausfluß von rötlichem Schaum (als Ausdruck eines
Lungenödems), Tachykardie, tumultuarische Herzaktion. Durchfall und
Kolikerscheinungen wurden auch beschrieben.
Bei chronischer Selenose kommt es zu Abmagerung, Haarverlust und Deformationen
der Klauen sowie dadurch bedingtem klammen Gang oder Lahmheit.
Ein Krankheitsbild, das durch Blindheit und weitere ZNS-Symptome gekennzeichnet
ist ("blind staggers") wurde früher ebenfalls der Selenvergiftung
zugeschrieben. An der Korrektheit dieser Annahme gibt es jedoch inzwischen
erhebliche Zweifel. Möglicherweise handelte es sich bei den Fällen
um CCN.
Diagnostik:
Die klinischen Symptome sind nicht spezifisch.
Die Selenspiegel im Blut sind bei akuter Vergiftung erhöht. Sie
sind normalerweise unter 0,1 ppm (0,1 mg/L). Chronische Aufnahme
toxischer Dosen kann durch Bestimmung des Se-Gehalts in Haaren festgestellt
werden. Er beträgt meist unter 1 ppm, bei chronischer Selenose über
5 ppm.
Prophylaxe:
Genaue Beachtung der Dosierungsanweisungen für Selenpräparate.