Das Wichtigste in Kürze
Im Euter-Schenkel-Spalt kommt es, überwiegend bei Erstkalbenden um den Zeitraum der Kalbung, durch Verminderung der Schweißabdunstung und Druck zur Störung des Säuremantels der Haut, Sekretstau, Hautmazeration, mitunter zu tiefen Nekrosen und bakterieller Infektion. Ist therapeutische Intervention nötig, sollte der Euter-Schenkel-Spalt täglich mit milden Desinfektionsmitteln gereinigt werden. Die Prognose ist nur bei Auftreten von umfangreicher Phlegmone schlecht. Die Heilung kann Monate dauern. |
Prüfungsstoff
Ätiologie und Pathogenese | Therapie |
Epidemiologie | Prognose |
Klinische Erscheinungen | Sonstiges |
Diagnostik |
Ätiologie und Pathogenese:
In dem "intertriginösen Raum" (m.o.w. enge Berührung von
Hautflächen) zwischen Euter und Schenkelinnenflächen kommt es
durch den Seitwärtsdruck des ödematosen Euters zu Verminderung der Schweißabdunstung dadurch zur Störung des Säuremantels
(pH steigt), Sekretstau, Hautmazeration und schließlich zu bakterieller
Infektion, zumal die lokale Abwehr durch den dort herrschenden Druck herabgesetzt
sein dürfte.
Bei bakteriologischen Untersuchungen wurden Fusobacterium spp. nachgewiesen, wobei aber anscheinend keine Kontrollgruppe untersucht wurde.
Epidemiologie:
Betroffen sind fast nur Erstkalbende in der Zeit um die Kalbung. Bei
ihnen ist das Risiko mit etwa 1 % über 20mal so hoch wie bei älteren Kühen. Flache Euter und ausgeprägtes Euterödem (mit
entsprechend starkem, nach lateral gerichtetem Druck) sind prädisponierende
Faktoren, ebenso wie Mangel an Bewegung. So ist die Inzidenz in Anbindehaltung höher als in Laufställen.
Ob die hier beschriebene Erkrankung mit "udder cleft dermatitis" identisch ist, erscheint zweifelhaft. Zumindest die Epidemologie unterscheidet sich erheblich, denn "UCD" kommt vor allem bei älteren, hochleistenden Kühen in allen Laktationsstadien vor und ist entweder unmittelbar vor dem Euter oder zwischen den Vordervierteln lokalisiert ist. Die Ursache ist nicht bekannt. Ein Zusammenhang mit Dermatitis digitalis (s. B1-10) wird von manchen Autoren vermutet.
Klinische Erscheinungen:
Anfangsstadium: vermehrte Schweißbildung, umschriebene Rötung
der Haut, vermehrte Wärme, keine Schwellung
2. Stadium: (nach 2 - 3 Tagen) Haut verdickt sich und wird derb, oberflächlich
schmierig und blass
3. Stadium: (nach 3 - 6 Tagen) unangenehmer Geruch; rötlicher
erhabener Saum am Rande eines scharf umschriebenen Bezirkes (beginnende
Demarkation)
4. Stadium: Abstoßung der abgestorbenen Haut, bis zu mehrere
cm tiefe Löcher mit nekrotischen Hautteilen
5. Stadium (Heilungsphase): Granulation und Reepithelisierung
Grad I: oberflächliche, bis taschenuhrgroße Veränderungen
Grad II: bis etwa handtellergroße Epidermisnekrosen
Grad III: großflächige Nekrosen mit Beteiligung der Subkutis
und evtl. der Muskulatur
Das Allgemeinbefinden ist so gut wie nie gestört. In seltenen Fällen kann es jedoch zu Phlegmonen kommen.
ESD Grad III
ESD Grad III in beginnender Abheilung
Diagnostik:
Adspektorisch eindeutig.
Therapie:
Wird meist nur bei Veränderungen des II. und III. Grades verlangt.
Schonende Entfernung von nekrotischem Gewebe, tägliche schonende Waschung mit
milden Desinfektionsmitteln oder mit Kamillentee.
Prognose:
Gut, auch bei ausgebreiteten Veränderungen. Vollständige
Heilung kann jedoch Monate in Anspruch nehmen. Bei Auftreten von Phlegmone
ist die Prognose schlecht.
Sonstiges:
Die Milch von Rindern mit ESD darf bei korrekter Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften nicht abgeliefert werden, kann aber zur Tränkung von Kälbern verwendet werden.