Euter-Schenkel-Dermatitis
Intertrigo [="Wundsein"], "flexurial eczema", "udder sores"
 
W. Klee  
 
 
Das Wichtigste in Kürze

Im Euter-Schenkel-Spalt kommt es, überwiegend bei Erstkalbenden um den Zeitraum der Kalbung, durch Verminderung der Schweißabdunstung und Druck zur Störung des Säuremantels der Haut, Sekretstau, Hautmazeration, mitunter zu tiefen Nekrosen und bakterieller Infektion. Ist therapeutische Intervention nötig, sollte der Euter-Schenkel-Spalt täglich mit milden Desinfektionsmitteln gereinigt werden. Die Prognose ist nur bei Auftreten von umfangreicher Phlegmone schlecht. Die Heilung kann Monate dauern.


 

Prüfungsstoff
 
 
Ätiologie und Pathogenese Therapie
Epidemiologie Prognose
Klinische Erscheinungen Sonstiges
Diagnostik

 

Ätiologie und Pathogenese:
In dem "intertriginösen Raum" (m.o.w. enge Berührung von Hautflächen) zwischen Euter und Schenkelinnenflächen kommt es durch den Seitwärtsdruck des ödematosen Euters zu Verminderung der Schweißabdunstung dadurch zur Störung des Säuremantels (pH steigt), Sekretstau, Hautmazeration und schließlich zu bakterieller Infektion, zumal die lokale Abwehr durch den dort herrschenden Druck herabgesetzt sein dürfte. Bei bakteriologischen Untersuchungen wurden Fusobacterium spp. nachgewiesen, wobei aber anscheinend keine Kontrollgruppe untersucht wurde.

 

Epidemiologie:
Betroffen sind fast nur Erstkalbende in der Zeit um die Kalbung. Bei ihnen ist das Risiko mit etwa 1 % über 20mal so hoch wie bei älteren Kühen. Flache Euter und ausgeprägtes Euterödem (mit entsprechend starkem, nach lateral gerichtetem Druck) sind prädisponierende Faktoren, ebenso wie Mangel an Bewegung. So ist die Inzidenz in Anbindehaltung höher als in Laufställen.

Ob die hier beschriebene Erkrankung mit "udder cleft dermatitis" identisch ist, erscheint zweifelhaft. Zumindest die Epidemologie unterscheidet sich erheblich, denn "UCD" kommt vor allem bei älteren, hochleistenden Kühen in allen Laktationsstadien vor und ist entweder unmittelbar vor dem Euter oder zwischen den Vordervierteln lokalisiert ist. Die Ursache ist nicht bekannt. Ein Zusammenhang mit Dermatitis digitalis (s. B1-10) wird von manchen Autoren vermutet.
 

Klinische Erscheinungen:
Anfangsstadium: vermehrte Schweißbildung, umschriebene Rötung der Haut, vermehrte Wärme, keine Schwellung
2. Stadium: (nach 2 - 3 Tagen) Haut verdickt sich und wird derb, oberflächlich schmierig und blass
3. Stadium: (nach 3 - 6 Tagen) unangenehmer Geruch; rötlicher erhabener Saum am Rande eines scharf umschriebenen Bezirkes (beginnende Demarkation)
4. Stadium: Abstoßung der abgestorbenen Haut, bis zu mehrere cm tiefe Löcher mit nekrotischen Hautteilen
5. Stadium (Heilungsphase): Granulation und Reepithelisierung

Grad I: oberflächliche, bis taschenuhrgroße Veränderungen
Grad II: bis etwa handtellergroße Epidermisnekrosen
Grad III: großflächige Nekrosen mit Beteiligung der Subkutis und evtl. der Muskulatur

Das Allgemeinbefinden ist so gut wie nie gestört. In seltenen Fällen kann es jedoch zu Phlegmonen kommen.

ESD Grad III  ESD Grad III in beginnender Abheilung
 

Diagnostik:
Adspektorisch eindeutig.
 

Therapie:
Wird meist nur bei Veränderungen des II. und III. Grades verlangt. Schonende Entfernung von nekrotischem Gewebe, tägliche schonende Waschung mit milden Desinfektionsmitteln oder mit Kamillentee.
 

Prognose:
Gut, auch bei ausgebreiteten Veränderungen. Vollständige Heilung kann jedoch Monate in Anspruch nehmen. Bei Auftreten von Phlegmone ist die Prognose schlecht.
 

Sonstiges:
Die Milch von Rindern mit ESD darf bei korrekter Auslegung der einschlägigen Rechtsvorschriften nicht abgeliefert werden, kann aber zur Tränkung von Kälbern verwendet werden.
 

PubMed
  



Letzte Änderung: 29.04.2020


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