Das Wichtigste in Kürze
Verursacht durch Papillomaviren (Familie Papillomaviridae). Bei den bovinen Papillomaviren existieren mindestens 14 verschiedene Spezies, die nur bedingt unterscheidbare klinische Bilder verursachen. Es besteht keine Kreuzimmunität. |
Prüfungsstoff
Ätiologie | Pathogenese |
Epidemiologie | Klinische Erscheinungen |
Diagnostik | Therapie |
Prophylaxe |
Ätiologie:
Erreger sind Papillomaviren aus verschiedenen Genera der Familie Papillomaviridae. Bei
Rindern gibt es mindestens 14 verschiedene Spezies, die mehr oder
weniger klar unterscheidbare klinische Bilder verursachen. Vermutlich werden in Zukunft weitere Spezies entdeckt werden. Die am längsten bekannten Spezies BPV-1bis -6 können
zwei Untergruppen zugeordnet werden. Gruppe A: BPV-1,- 2 und -5 verursachen Fibropapillome,
also Zubildungen mit m.o.w. großem Anteil von Bindegewebe. Gruppe
B: BPV-3, -4 und -6 verursachen rein epitheliale Papillome, also den menschlichen
Warzen vergleichbare Gebilde. Diese Einteilung wird nicht von allen Autoren
in gleicher Weise angegeben. Die bovinen Papillomaviren sind verschiedenen der bisher definierten 16 Genera zugeordnet. Mischinfektionen mit verschiedenen Spezies kommen vor.
Beim Menschen werden über 100 HPV-Typen unterschieden.
Pathogenese:
Eintrittspforte der Infektion sind fast stets Verletzungen der Haut
oder Schleimhaut.
Die Inkubationszeit beträgt 2 bis 6 Monate. Die Dauer hängt
von verschiedenen Faktoren ab, so z.B. der Spezies des Virus, der Infektionsdosis,
der Infektionsstelle und der Immunität des befallenen Tieres. Zur
Immunität: der Titer neutralisierende Antikörper korreliert zwar
mit dem Schutz vor Neuinfektion, zeigt aber keinen Zusammenhang zur Dynamik
bereits bestehender Papillome. Nach überstandener Papillomatose tritt
lebenslange Immunität ein. Nicht alle Formen der Papillomatose zeigen
Selbstheilungstendenz.
DNA verschiedener Spezies wurde in mononukleären Blutzellen, in Milch, Urin und Sperma nachgewiesen. Bei der Tumorbildung spielt das Oncoprotein E5 eine Rolle.
Epidemiologie:
Die Infektionen zeigen weitgehende Wirtsspezifität; lediglich BPV-1 und BPV-2 als Erreger des equinen Sarkoids sowie BPV-14 als Erreger des felinen Sarkoids überschreiten nach bisherigen Kentnissen die Speziesbarrieren.
Bisher gibt es keinen Hinweis, dass unter natürlichen Bedingungen
eine Übertragung auf den Menschen vorkommt.
Das Leiden ist direkt oder indirekt (Gerätschaften/Stalleinrichtung)
übertragbar.
Es tritt mehr oder weniger bestandsweise gehäuft auf.
Jüngere Tiere sind meist häufiger betroffen als erwachsene, was dafür spricht, dass es oft zu unbemerkten Infektionen und Heilungen kommt.
Klinische Erscheinungen:
Gruppe A: (Fibropapillome)
BPV-1: Zerklüftete Fibropapillome an den Zitzen sowie am Penis
bei Rindern bis zum Alter von etwa 2 Jahren. Diese Veränderungen verschwinden
in der Regel von selbst.
Fibropapillom an einer Zitze
BPV-2: Fibropapillome an Kopf, Hals, Triel, Rücken, Bauch und
in der Anogenitalregion. Auch hiervon sind in erster Linie jüngere
Rinder bis zum Alter von etwa zwei Jahren betroffen. Diese Fibropapillome
können sehr groß werden. Ihr Ausmaß kann zur Entwicklungsbeeinträchtigung
(30 bis 40 kg "Warzen"-Gewebe) und zur mechanischen Behinderung des Patienten
führen. Der oberflächliche Gewebszerfall bedingt üblen,
käseartigen Fäulnisgeruch.
Im Zusammenwirken mit Inhaltsstoffen des Adlerfarns (vor allem Ptaquilosid) kann die Infektion zur Bildung von bösartigen Tumoren im Harnapparat (vor allem Harnblase) führen (bovine enzootische Hämaturie).
Fibropapillome an Kopf und Hals
BPV-5: Filiforme, reiskornähnliche Fibropapillome an den Zitzen.
Die Häufigkeit dieser meist weißlichen Warzen nimmt mit
steigendem Alter zu.
Gruppe B: (Papillome)
BPV-3: Sogenannte atypische Papillome bei Rindern aller Altersstufen.
Sie sind flach, rundlich, nicht gestielt und haben feine Fortsätze.
Sie können überall am Körper vorkommen, auch an den Zitzen,
und zeigen keine Selbstheilungstendenz.
BPV-4: Flache Papillome im Bereich von Maulschleimhaut, vor allem aber Ösophagus und Vormägen. Es besteht eine gewisse Tendenz zur malignen Entartung, möglicherweise nach Einwirkung eines Toxins mit immunsupprimierender Wirkung aus Adlerfarn (s.o. BPV-2).
BPV-6: Zerklüftete Papillome am Euter.
Papillome an den Zitzen können zu Schwierigkeiten beim Melken führen.
Daneben werden Papillome auch am Kehlkopf bei Mastochsen beobachtet,
dort u.U. in Gesellschaft mit Fusobacterium nodosus ("Nekrobazillose"),
sowie im Zwischenklauenspalt ("Interdigitale Papillomatose").
Diagnostik:
Einzelne Warzen werden oft als Zufallsbefund entdeckt; massenhafter Befall ist kaum zu übersehen. Die Differenzierung nach Spezies ist klinisch nur bedingt möglich (und sinnvoll).
Therapie:
Literaturangaben, vor allem ältere, zur Behandlung von Warzen,
besonders aber über Erfolgsraten, sind mit Vorsicht zu genießen.
Gründe:
1. Selbstheilungstendenz
2. Verschiedene Serotypen ohne Kreuzimmunität.
Bei starkem Papillombefall - gleichgültig welcher Form - kommt
als Behandlung nur die weitgehende bis vollständige Exstirpation (Abdrehen,
Abreißen, Abquetschen, Herausdrücken, Abschneiden) der Papillome
am zuvor allgemein sedierten Patienten (Xylazin 2 %ig, 0,5 - 1,0 ml/ 100
kg Körpermasse) in Frage. Dabei und danach wird der betreffende Hautbereich
mit Seifenwasser oder 1 %iger Natronlauge abgespült. Das aus den Papillomen
beim Ablösen freiwerdende Virus wird nämlich im alkalischen Milieu
abgetötet. Die Blutstillung erfolgt durch Thermokauter, Unterbinden
oder durch Ansetzen der Burdizzo-Zange auf dem Stiel der Papillome.
Prophylaxe:
Schutzimpfungen mit stallspezifischer, abgetöteter (formalin-,
phenol- oder glyzerinversetzter) Autovakzine sollen vor allem als Vorbeuge für
gefährdete, unter zwei Jahre alte Rinder gegen BPV1- und BPV3-Infektionen brauchbar sein. Die therapeutische Wirkung der Vakzinierung wird nicht einheitlich beurteilt. Nach Berichten aus der Praxis ist sie an die dreimalige Impfung im Abstand von 3 Wochen gebunden.
Bezugsquelle (ohne Gewähr): LGL Bayern, Eggenreuther Weg 43, 91058 Erlangen.