Das Wichtigste in Kürze
Dasselbefall (Hypoderma bovis [große Dasselfliege] und Hypoderma lineatum [kleine Dasselfliege]) tritt nur bei nicht ausschließlich im Stall gehaltenen Rindern auf. Klinisch zeigen sich im Frühjahr unter der Haut des Rückens bis zu walnussgroße "Dasselbeulen" mit einem zentralen Loch. Im Winter (Dezember bis Februar) kann, verursacht durch die den Wirbelkanal durchwandernden Larven, die langsam fortschreitende und zum Teil spontan abheilende "Dassellähmung" auftreten. Bei massivem Befall mit H. lineatum kann es aufgrund von Irritation durch die perioesophagealen Stadien zu Schluckbeschwerden, Wiederkaustörungen und Tympanien kommen. In allen durchwanderten Gewebe kann Entzündung und Abszedierung auftreten. Anaphylaktische Reaktionen nach dem Zerquetschen von Dasselbeulen sind möglich. Therapeutische Intervention unmittelbar nach dem Weideabtrieb im Herbst (unbedingt vor Dezember - ansonsten Gefahr der Dassellähmung durch absterbende Larven im Wirbelkanal) und vor Weideaustrieb im Frühjahr (jedoch nicht vor Anfang April) mit den üblichen Endektoziden. |
Prüfungsstoff
Erreger | Diagnostik |
Epidemiologie und Bedeutung | Therapie |
Klinische Erscheinungen | Prophylaxe |
Erreger:
Große Dasselfliege (Hypoderma bovis) und kleine Dasselfliege (H.
lineatum)
Die adulte Dasselfliegen (Größe bis 13 mm [H. lineatum] bzw. bis 15 mm
[H. bovis]) legen im Frühsommer ihre bis 1 mm langen, länglichen weißen
Eier an die Haare von Beinen und ventralem Abdomen - H. bovis einzeln, H.
lineatum im Reihen von 6 oder mehr Eiern. Innerhalb einer Wochen schlüpfen die
Larven, penetrieren die Haut und wandern in der Unterhaut in Richtung
Zwerchfell. Innerhalb von 4-5 Monaten erreichen sie ihren "Winterschlaf-Platz":
die Larven von H. bovis den Wirbelkanal und das epidurale Fett, die
Larven von H. lineatum die Submukosa des Oesophagus. Im späten Winter bis
frühen Frühjahr wandern die Larven in die Unterhaut der Rückengegend. Dort
bilden sich bis zu 3 cm Durchmesser große "Dasselbeulen", die jeweils eine Larve
enthalten. Die Haut über den Beulen wird perforiert, die Larven liegen mit ihrer
hinteren Stigmen-Platte in der geschaffenen Atemöffnung. Sie verbleiben etwa 30
Tage der Beule und häuten sich dort zweimal. Eine ausgewachsene Larve ist bis zu
25 mm lang. Im Frühjahr verlassen die Larven ihre Beulen und fallen zu Boden, wo
sie sich verpuppen. Nach 35-60 Tagen schlüpfen die adulten Fliegen.
Dasselfliegen sind hellgelb-schwarz behaart und haben keine Mundwerkzeuge. Ihre
Lebensdauer beträgt 3-5 Tage und dient ausschließlich der Fortpflanzung.
Epidemiologie und Bedeutung:
Die Krankheit war nach staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen
(1933 bis 1967) weitgehend ausgerottet. In letzter Zeit tritt sie jedoch
wiederum vermehrt auf, besonders jedoch bei importierten Rindern. Es werden
vor allem jüngere Rinder (während ihrer ersten oder zweiten Weideperiode)
befallen, später tritt befallsbedingte Immunität auf, die aber
nicht vollkommen schützt. Bei ganzjähriger Stallhaltung ist die
Hypodermose unbekannt.
In Südamerika gibt es eine Dasselfliege, welche Menschen befällt
(Dermatobia hominis).
Klinische Erscheinungen:
Bei massenhaftem Befall nicht nur Lederschäden (sogenannte "Schusshäute")
sondern auch Entwicklungshemmung. Im Spätwinter oder Frühjahr
treten unter der Haut am Rücken bis zu etwa walnußgroße
Beulen mit einem zentralen Loch auf. Zerquetschen der Beulen kann in seltenen
Fällen die sogenannte Dasselallergie vom Soforttyp auslösen.
Beim Passieren des Wirbelkanals (Dezember bis Februar) tritt unter Umständen
die langsam fortschreitende und zum Teil spontan abheilende "Dassellähmung"
auf. Bei massenhaftem Befall mit H. lineatum (perioesophageale Stadien)
dagegen Schluckbeschwerden, Wiederkaustörung, Tympanie.
Wanderlarven von H. lineatum können auch Mediastinitis,
Myositis, Pleuritis und Pneumonie verursachen.
Diagnostik:
Unproblematisch beim Vorliegen von Dasselbeulen. Im Fall von "Dassellähmung"
ist nur eine Verdachtsdiagnose möglich. Serologische Diagnostik ist
im Prinzip möglich, ist aber (noch) nicht allgemein verfügbar.
Therapie:
Früher schrieb ein "Gesetz zur Bekämpfung der Dasselfliege"
die Bekämpfung vor. Bis 1996 konnte die Behandlung als Aufstallungsbehandlung
amtlich vorgeschrieben werden.
Die Behandlung sollte unmittelbar nach dem Weideabtrieb, auf jeden
Fall vor Dezember (weil sich danach die Wanderlarven bis Februar im Rückenmarkskanal
befinden, und bei ihrem Absterben die Gefahr der oben erwähnte "Dassellähmung"
steigen soll), mit modernen "Endektoziden" vorgenommen werden. Falls im
Frühjahr trotzdem Dasselbeulen auftreten, was nach korrekter Anwendung
von Avermectinen allerdings nicht zu erwarten ist, ist zu diesem Zeitpunkt,
also vor dem erneuten Weideaustrieb, eine weitere Behandlung vorzusehen,
nicht jedoch vor Anfang April.
Aus bestehenden Beulen sollen die Larven auch durch Instillation von
einem ml 3%iger Wasserstoffperoxid-Lösung entfernt werden können.
Dabei ist darauf zu achten, daß die Beule nicht durchstochen wird.
Prophylaxe:
Sachgemäße und flächendeckende Behandlung stellt gleichzeitig
eine Vorbeugemaßnahme dar, weil die Dasselfliegen recht wirtsspezifisch
sind. So ist beispielsweise die Inzidenz in Großbritannien innerhalb
von sieben Jahren von 38 % auf 0,01 % zurückgegangen.
An der Entwicklung von Impfstoffen (z.B. auf der Basis von Hypodermin
A, einer Protease) wird gearbeitet.